In der jungen welt äußerte sich Yildiz Köremezli-Erkiner (Stadtverordnete der Linken im Römer) u. a. zur problematischen Situation der Orientbibliothek:
»Koch bedient Wählerpotential der Neonazis«
Viele Bewohner Hessens sind Migranten. Dennoch versucht die CDU, mit islamfeindlichen Parolen Punkte zu sammeln. Ein Gespräch mit Yildiz Köremezli-Erkiner (hier in Auszügen):
Der hessische Minister für Bildung und Wissenschaft, Udo Corts, will die Orientbibliothek bereits am 15. Februar 2008, kurz nach der Wahl, von Frankfurt am Main nach Marburg verlegen. Ist das etwa auch ein Schachzug in einem tendenziell rassistisch angelegten Wahlkampf?
Es gab bis vor kurzem Zusagen, daß die Orientbibliothek bis 2010 in Frankfurt bleibt, was es hiesigen Studenten ermöglicht hätte, in der Regelstudienzeit ihren Abschluß zu machen. Formal dürfen sie nun zwar an der Goethe-Uni eingeschrieben bleiben, faktisch aber stehen sie ohne Bücher da. Der Umzug wurde entgegen allen Versprechungen vorverlegt. Corts betreibt gegenüber den Studenten eine unverantwortliche Politik. Er sieht es wohl als ernstzunehmende Gefahr, daß die CDU nach dem 27. Januar keine Mehrheit mehr haben wird. So werden im letzten Moment noch vollendete Tatsachen geschaffen. Daher sehe ich darin nicht unbedingt ein rassistisches Motiv, sondern eher den Versuch, dem gescheiterten Bildungsplan eine Krone aufzusetzen.
Yildiz Köremezli-Erkiner tritt für die Linkspartei bei den hessischen Landtagswahlen am 27. Januar an. Sie beschäftigt sich vorwiegend mit dem Thema Migration.
Freitag, 28. Dezember 2007
Freitag, 21. Dezember 2007
FR, 21.12.2007
Radau im Römer, aus der FR vom 21.12.2007:
Plädoyer für Bücher
Linkspartei will Orientalistik-Bibliothek retten
Die Linkspartei spricht von einem "schweren Rückschlag für den Universitätsstandort Frankfurt", der Landesausländerbeirat vermutet sogar "Bücherklau": Die Reaktionen auf den geplanten Umzug der Orientalistik-Bibliothek von Frankfurt nach Marburg sind heftig ausgefallen.Wie dieser Tage bekannt wurde, wird ein Großteil der 45 000 Bücher in der Bibliothek bereits bis Mitte Februar ans neue Marburger Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien verschickt. Der Rest soll im Sommersemester folgen. Bislang waren die Frankfurter Studierenden davon ausgegangen, dass die Bibliothek bis 2010 an der Goethe-Uni bleibt. Wissenschaftsminister Udo Corts (CDU) hatte zugesichert, dass Orientalistik bis zu diesem Jahr in Frankfurt angeboten wird.
Corts setze nun "seine unverantwortliche Kahlschlagpolitik in der Bildung fort", beklagt die Fraktion der Linken im Römer. Kurz vor der Landtagswahl sollten an der Goethe-Universität "im Hauruckverfahren noch vollendete Tatsachen geschaffen werden". Der Frankfurter Uni-Präsident Rudolf Steinberg, sein Marburger Kollege Volker Nienhaus und der Wissenschaftsminister müssten die Frage beantworten, wie die Studierenden ohne Bücher ihr Studium beenden sollen, sagt die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Astrid Fischer: "Die Frankfurter Universität muss jetzt umgehend den betroffenen Studenten die gezahlten Studiengebühren zurückerstatten."Bereits vor einem Monat hatte die Linkspartei in einem Antrag gefordert, die Orientalistik-Bibliothek vorerst nicht zu verlagern. Die Vorlage wurde von der Mehrheit im Römer jedoch abgelehnt, da der Asta der Uni zwischenzeitlich verkündet hatte, die Bücher blieben bis 2010 in Frankfurt."Den Studenten werden quasi die Bücher geklaut", sagte der Vorsitzende des Landesausländerbeirats, Yilmaz Memisoglu. Nicht nur die Orientalistik-Studierenden, sondern auch ihre Kommilitonen mit dem Schwerpunkt Islamische Religion seien auf die Bibliothek angewiesen. Die Bände müssten daher in Frankfurt bleiben.
Georg Leppert
Plädoyer für Bücher
Linkspartei will Orientalistik-Bibliothek retten
Die Linkspartei spricht von einem "schweren Rückschlag für den Universitätsstandort Frankfurt", der Landesausländerbeirat vermutet sogar "Bücherklau": Die Reaktionen auf den geplanten Umzug der Orientalistik-Bibliothek von Frankfurt nach Marburg sind heftig ausgefallen.Wie dieser Tage bekannt wurde, wird ein Großteil der 45 000 Bücher in der Bibliothek bereits bis Mitte Februar ans neue Marburger Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien verschickt. Der Rest soll im Sommersemester folgen. Bislang waren die Frankfurter Studierenden davon ausgegangen, dass die Bibliothek bis 2010 an der Goethe-Uni bleibt. Wissenschaftsminister Udo Corts (CDU) hatte zugesichert, dass Orientalistik bis zu diesem Jahr in Frankfurt angeboten wird.
Corts setze nun "seine unverantwortliche Kahlschlagpolitik in der Bildung fort", beklagt die Fraktion der Linken im Römer. Kurz vor der Landtagswahl sollten an der Goethe-Universität "im Hauruckverfahren noch vollendete Tatsachen geschaffen werden". Der Frankfurter Uni-Präsident Rudolf Steinberg, sein Marburger Kollege Volker Nienhaus und der Wissenschaftsminister müssten die Frage beantworten, wie die Studierenden ohne Bücher ihr Studium beenden sollen, sagt die bildungspolitische Sprecherin der Fraktion, Astrid Fischer: "Die Frankfurter Universität muss jetzt umgehend den betroffenen Studenten die gezahlten Studiengebühren zurückerstatten."Bereits vor einem Monat hatte die Linkspartei in einem Antrag gefordert, die Orientalistik-Bibliothek vorerst nicht zu verlagern. Die Vorlage wurde von der Mehrheit im Römer jedoch abgelehnt, da der Asta der Uni zwischenzeitlich verkündet hatte, die Bücher blieben bis 2010 in Frankfurt."Den Studenten werden quasi die Bücher geklaut", sagte der Vorsitzende des Landesausländerbeirats, Yilmaz Memisoglu. Nicht nur die Orientalistik-Studierenden, sondern auch ihre Kommilitonen mit dem Schwerpunkt Islamische Religion seien auf die Bibliothek angewiesen. Die Bände müssten daher in Frankfurt bleiben.
Georg Leppert
Donnerstag, 20. Dezember 2007
FNP, 20.12.2007
aus der Frankfurter Neuen Presse vom 20.12.2007
Protest vor der Wahl des neuen Uni-
Vize-präsidenten
Frankfurt. (fnp) Prof. Wolf Aßmus (63) ist ab 1. Januar Vize-Präsident der Goethe-Universität. Er folgt Prof. Horst Stöcker nach, der das Amt aufgibt. Stöcker ist seit einigen Monaten Geschäftsführer der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt.Aßmus ist, wie Stöcker, Physiker. Sein Schwerpunkt ist die Materialforschung. Der Wissenschaftler wird seine Funktion als Dekan des Fachbereichs aufgeben: „Man kann nicht zwei Hüte aufhaben“, sagte er. Er wurde vom erweiterten Senat mit 29 zu 1 Stimmen gewählt. Die Senatssitzung in der Aula war für einige Minuten gestört worden: Etwa 20 Orientalistik-Studenten drängten lärmend in die Aula und forderten den Verbleib der Orient-Bibliothek. Anlass für den Protest ist eine Vereinbarung, die die Uni-Präsidenten aus Marburg und aus Frankfurt jüngst unterzeichnet haben. Darin sagt Frankfurt den Marburgern zu, bis Februar rund 30 000 der insgesamt 45 000 Bücher nach Marburg zu senden. Der Rest soll in den kommenden Monaten folgen. Hintergrund der Verlagerung: Das Studienfach Orientalistik wird im Zuge der Schwerpunktbildung nur noch in Marburg angeboten. Frankfurter Studenten haben jedoch bis 2009 Zeit, ihre Abschlussprüfungen zu machen. Das Präsidium hatte ihnen vor einigen Wochen Bücher und gute Studienbedingungen zugesagt. Der Orientalist Prof. Hans Daiber fordert, die Bibliothek bis 2009 in Frankfurt zu belassen. Er wendet gegen die Vereinbarung ein, dass es lange dauert, bis die Bestände aus Frankfurt in Marburg katalogisiert sind. So lange jedoch könnten weder die Studenten in Marburg noch die in Frankfurt auf die Bücher zugreifen. Der Asta bezeichnet das Vorgehen des Präsidiums als „unvorbereitet und intransparent“. Das Präsidium mute den 66 Studenten zu, wegen der Bücher nach Marburg zu fahren. In Marburg versteht man die Aufregung nicht. „Wir haben hier 90 und bald mehr als 100 Studierende. Wir brauchen die Bücher auch“, sagte die Geschäftsführerin des Zentrums für Nahoststudien, Leslie Tramontini. (tjs)
Protest vor der Wahl des neuen Uni-
Vize-präsidenten
Frankfurt. (fnp) Prof. Wolf Aßmus (63) ist ab 1. Januar Vize-Präsident der Goethe-Universität. Er folgt Prof. Horst Stöcker nach, der das Amt aufgibt. Stöcker ist seit einigen Monaten Geschäftsführer der Gesellschaft für Schwerionenforschung in Darmstadt.Aßmus ist, wie Stöcker, Physiker. Sein Schwerpunkt ist die Materialforschung. Der Wissenschaftler wird seine Funktion als Dekan des Fachbereichs aufgeben: „Man kann nicht zwei Hüte aufhaben“, sagte er. Er wurde vom erweiterten Senat mit 29 zu 1 Stimmen gewählt. Die Senatssitzung in der Aula war für einige Minuten gestört worden: Etwa 20 Orientalistik-Studenten drängten lärmend in die Aula und forderten den Verbleib der Orient-Bibliothek. Anlass für den Protest ist eine Vereinbarung, die die Uni-Präsidenten aus Marburg und aus Frankfurt jüngst unterzeichnet haben. Darin sagt Frankfurt den Marburgern zu, bis Februar rund 30 000 der insgesamt 45 000 Bücher nach Marburg zu senden. Der Rest soll in den kommenden Monaten folgen. Hintergrund der Verlagerung: Das Studienfach Orientalistik wird im Zuge der Schwerpunktbildung nur noch in Marburg angeboten. Frankfurter Studenten haben jedoch bis 2009 Zeit, ihre Abschlussprüfungen zu machen. Das Präsidium hatte ihnen vor einigen Wochen Bücher und gute Studienbedingungen zugesagt. Der Orientalist Prof. Hans Daiber fordert, die Bibliothek bis 2009 in Frankfurt zu belassen. Er wendet gegen die Vereinbarung ein, dass es lange dauert, bis die Bestände aus Frankfurt in Marburg katalogisiert sind. So lange jedoch könnten weder die Studenten in Marburg noch die in Frankfurt auf die Bücher zugreifen. Der Asta bezeichnet das Vorgehen des Präsidiums als „unvorbereitet und intransparent“. Das Präsidium mute den 66 Studenten zu, wegen der Bücher nach Marburg zu fahren. In Marburg versteht man die Aufregung nicht. „Wir haben hier 90 und bald mehr als 100 Studierende. Wir brauchen die Bücher auch“, sagte die Geschäftsführerin des Zentrums für Nahoststudien, Leslie Tramontini. (tjs)
FAZ, 20.12.2007
aus der FAZ vom 20.12.2007:
Orientbibliothek soll doch umziehen
Die Orientalistik-Bibliothek der Universität soll voraussichtlich doch schon Anfang 2008 an die Universität Marburg verlegt werden. Offenbar bereits in der zweiten Februarwoche wird ein Großteil des Bestandes von Frankfurt an das neugegründete Zentrum für Studien des Nahen und Mittleren Ostens in Marburg verlagert. Schon zu Beginn des Wintersemesters hatte die Bibliothek, die mehr als 40000 Bände umfasst, zum neuen Standort umziehen sollen. Damals hatten Studenten und Hochschullehrer protestiert, da nicht nur Orientalisten, sondern auch Studenten der Fächer Theologie, Islamische Theologie und Empirische Sprachwissenschaft auf die Bestände angewiesen seien. Zudem kritisieren Gegner den Aufwand des Umzugs, der mit hohen Kosten und der Zerstörung der Systematik der Bestände verbunden sei. Bis 2010 sollen die Studenten trotz der Zentrenbildung kleinerer Fächer in Frankfurt weiterstudieren können, vor wenigen Wochen hatte es deshalb geheißen, die Bibliothek bleibe. Nun könnten die Studenten gezwungen sein, zur Lektüre nach Marburg zu fahren, denn nur ein geringer Buchbestand soll in Frankfurt bleiben. emm.
Orientbibliothek soll doch umziehen
Die Orientalistik-Bibliothek der Universität soll voraussichtlich doch schon Anfang 2008 an die Universität Marburg verlegt werden. Offenbar bereits in der zweiten Februarwoche wird ein Großteil des Bestandes von Frankfurt an das neugegründete Zentrum für Studien des Nahen und Mittleren Ostens in Marburg verlagert. Schon zu Beginn des Wintersemesters hatte die Bibliothek, die mehr als 40000 Bände umfasst, zum neuen Standort umziehen sollen. Damals hatten Studenten und Hochschullehrer protestiert, da nicht nur Orientalisten, sondern auch Studenten der Fächer Theologie, Islamische Theologie und Empirische Sprachwissenschaft auf die Bestände angewiesen seien. Zudem kritisieren Gegner den Aufwand des Umzugs, der mit hohen Kosten und der Zerstörung der Systematik der Bestände verbunden sei. Bis 2010 sollen die Studenten trotz der Zentrenbildung kleinerer Fächer in Frankfurt weiterstudieren können, vor wenigen Wochen hatte es deshalb geheißen, die Bibliothek bleibe. Nun könnten die Studenten gezwungen sein, zur Lektüre nach Marburg zu fahren, denn nur ein geringer Buchbestand soll in Frankfurt bleiben. emm.
Mittwoch, 19. Dezember 2007
AGAH, 19.12.2007
Pressemitteilung der Arbeitsgemeinschaft der Ausländerbeiräte Hessen (AGAH) vom 19.12.2007:
„Den Studenten werden die Bücher geklaut!“
Landesausländerbeirat fordert Rücknahme des Beschlusses zur Verlagerung
der Orientbibliothek und Übergabe an die Stiftungsprofessur für Islamische
Religion.
Der Landesausländerbeirat will, dass der Bücherbestand des Orientalischen
Seminars in Frankfurt bleibt. Der Vorsitzende des Landesausländerbeirats,
Yilmaz Memisoglu, forderte heute Wissenschaftsminister Corts
auf, seine Entscheidung, die Bibliothek nach Marburg zu verlagern, sofort
zurückzunehmen. Gerade skandalös sei es, den Beschluss schon in den
nächsten Monaten umsetzen zu wollen, obwohl zumindest bis 2010 Studenten
in Frankfurt Orientalistik studieren und bis dahin die Bibliothek
auch noch in Frankfurt bleiben sollte.
„Den Studenten werden quasi die Bücher geklaut“, so Memisoglu. Dies
betreffe nicht nur die Orientalistik, sondern vor allem auch die Studierenden
des Faches Theologie mit Schwerpunkt Islamische Religion.
Memisoglu: „Auch die Studierenden am Fachbereich Theologie sind dringend
auf die Literatur angewiesen. Auch über das Jahr 2010 hinaus.
Deshalb muss die Bibliothek an der Uni Frankfurt bleiben!“
Für die Studenten der Orientalistik sei es mit Sicherheit ein tragfähiger
Kompromiss, wenn die Bücher der Stiftungsprofessur für Islamische Religion
am Fachbereich Theologie übergeben werden und damit in erreichbarer
Nähe bleiben.
„Den Studenten werden die Bücher geklaut!“
Landesausländerbeirat fordert Rücknahme des Beschlusses zur Verlagerung
der Orientbibliothek und Übergabe an die Stiftungsprofessur für Islamische
Religion.
Der Landesausländerbeirat will, dass der Bücherbestand des Orientalischen
Seminars in Frankfurt bleibt. Der Vorsitzende des Landesausländerbeirats,
Yilmaz Memisoglu, forderte heute Wissenschaftsminister Corts
auf, seine Entscheidung, die Bibliothek nach Marburg zu verlagern, sofort
zurückzunehmen. Gerade skandalös sei es, den Beschluss schon in den
nächsten Monaten umsetzen zu wollen, obwohl zumindest bis 2010 Studenten
in Frankfurt Orientalistik studieren und bis dahin die Bibliothek
auch noch in Frankfurt bleiben sollte.
„Den Studenten werden quasi die Bücher geklaut“, so Memisoglu. Dies
betreffe nicht nur die Orientalistik, sondern vor allem auch die Studierenden
des Faches Theologie mit Schwerpunkt Islamische Religion.
Memisoglu: „Auch die Studierenden am Fachbereich Theologie sind dringend
auf die Literatur angewiesen. Auch über das Jahr 2010 hinaus.
Deshalb muss die Bibliothek an der Uni Frankfurt bleiben!“
Für die Studenten der Orientalistik sei es mit Sicherheit ein tragfähiger
Kompromiss, wenn die Bücher der Stiftungsprofessur für Islamische Religion
am Fachbereich Theologie übergeben werden und damit in erreichbarer
Nähe bleiben.
FR, Leitartikel 19.12.2007
Georg Lepperts Leitartikel zum gleichen Thema, ebenfalls in der FR:
Leitartikel
Eine Frage des Vertrauens
Am Ende halfen keine Unterschriftensammlung und kein öffentlich vorgetragener Protest: Die Orientalistik-Bibliothek der Goethe-Universität zieht nach Marburg - schon im Februar steht ein Großteil der Bücher nicht mehr im Seminar an der Dantestraße. So sieht es der Vertrag zwischen den beiden Hochschulen und dem Wissenschaftsministerium vor. Für die Studierenden ist das ganz bitter. Ihre Wut - die sich auch gegen das Präsidium der Frankfurter Universität richtet - ist verständlich. Denn unter dem Strich verschlechtern sich die Studienbedingungen für die angehenden Orientwissenschaftler immens. Bedauernswerte Einzelfälle, könnte man sagen. So ist es eben, das Schicksal derjenigen, die unbedingt meinen, ein Orchideenfach studieren zu müssen. Doch beim Bücherstreit zwischen Frankfurt und Marburg geht es um mehr als ein paar zu Recht verärgerte Studenten. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Hochschulpolitik, die Wissenschaftsminister Udo Corts seit Jahren vorantreibt.
Noch gut haben alle Studierenden der so genannten kleinen Fächer im Ohr, wie ihnen Corts die Bündelung zu Fächerzentren in Frankfurt, Gießen und Marburg verkaufte. Jeder könne an seiner Uni in der Regelstudienzeit zu Ende studieren. Nun aber dürfen die Frankfurter Studierenden zwar formal an der Goethe-Uni eingeschrieben bleiben. Faktisch aber stehen sie ohne Bücher da, was natürlich ein schlechter Witz ist. Ihr Studienort heißt Frankfurt, also muss es auch in Frankfurt eine Bibliothek geben - und nicht nur die Möglichkeit der Fernleihe. Sonderlich geschickt von Corts ist es nicht, in scheinbar banalen Einzelfragen große Missstimmung zu provozieren. Denn wie kaum ein anderer Landesminister in Hessen ist er darauf angewiesen, dass man ihm einen Vertrauensvorschuss entgegenbringt. Seit vier Monaten kassiert das Land Studiengebühren - die Studierenden sollen darauf vertrauen, dass dies in Einklang mit der Verfassung geschieht, was nach mehreren Urteilen von Verwaltungsgerichten stark bezweifelt werden darf. Und auch in der Frage, wie das Geld verwendet wird, müssen die Studenten Corts vertrauen. Dank der Studiengebühren werde sich die Situation an den Hochschulen deutlich verbessern, propagiert der Minister gebetsmühlenartig. Ob das wirklich der Fall ist, werden die Studierenden erst feststellen, wenn sie ihre 500 Euro Campus-Maut längst bezahlt haben.Wer auf so viel Gutgläubigkeit angewiesen ist wie Corts, sollte die an ihn gestellten Erwartungen nicht enttäuschen. Und enttäuscht sind die Orientalistik-Studenten, denen ein sorgenfreies Studium bis 2010 versprochen wurde, allemal.
Leitartikel
Eine Frage des Vertrauens
Am Ende halfen keine Unterschriftensammlung und kein öffentlich vorgetragener Protest: Die Orientalistik-Bibliothek der Goethe-Universität zieht nach Marburg - schon im Februar steht ein Großteil der Bücher nicht mehr im Seminar an der Dantestraße. So sieht es der Vertrag zwischen den beiden Hochschulen und dem Wissenschaftsministerium vor. Für die Studierenden ist das ganz bitter. Ihre Wut - die sich auch gegen das Präsidium der Frankfurter Universität richtet - ist verständlich. Denn unter dem Strich verschlechtern sich die Studienbedingungen für die angehenden Orientwissenschaftler immens. Bedauernswerte Einzelfälle, könnte man sagen. So ist es eben, das Schicksal derjenigen, die unbedingt meinen, ein Orchideenfach studieren zu müssen. Doch beim Bücherstreit zwischen Frankfurt und Marburg geht es um mehr als ein paar zu Recht verärgerte Studenten. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Hochschulpolitik, die Wissenschaftsminister Udo Corts seit Jahren vorantreibt.
Noch gut haben alle Studierenden der so genannten kleinen Fächer im Ohr, wie ihnen Corts die Bündelung zu Fächerzentren in Frankfurt, Gießen und Marburg verkaufte. Jeder könne an seiner Uni in der Regelstudienzeit zu Ende studieren. Nun aber dürfen die Frankfurter Studierenden zwar formal an der Goethe-Uni eingeschrieben bleiben. Faktisch aber stehen sie ohne Bücher da, was natürlich ein schlechter Witz ist. Ihr Studienort heißt Frankfurt, also muss es auch in Frankfurt eine Bibliothek geben - und nicht nur die Möglichkeit der Fernleihe. Sonderlich geschickt von Corts ist es nicht, in scheinbar banalen Einzelfragen große Missstimmung zu provozieren. Denn wie kaum ein anderer Landesminister in Hessen ist er darauf angewiesen, dass man ihm einen Vertrauensvorschuss entgegenbringt. Seit vier Monaten kassiert das Land Studiengebühren - die Studierenden sollen darauf vertrauen, dass dies in Einklang mit der Verfassung geschieht, was nach mehreren Urteilen von Verwaltungsgerichten stark bezweifelt werden darf. Und auch in der Frage, wie das Geld verwendet wird, müssen die Studenten Corts vertrauen. Dank der Studiengebühren werde sich die Situation an den Hochschulen deutlich verbessern, propagiert der Minister gebetsmühlenartig. Ob das wirklich der Fall ist, werden die Studierenden erst feststellen, wenn sie ihre 500 Euro Campus-Maut längst bezahlt haben.Wer auf so viel Gutgläubigkeit angewiesen ist wie Corts, sollte die an ihn gestellten Erwartungen nicht enttäuschen. Und enttäuscht sind die Orientalistik-Studenten, denen ein sorgenfreies Studium bis 2010 versprochen wurde, allemal.
FR, 19.12.2007
Georg Leppert schrieb heute über uns in der FR:
Bücherstreit eskaliert
Es ist nur eine verhältnismäßig kleine Bibliothek: 45 000 Bücher stehen in den Regalen des Orientalischen Seminars der Goethe-Universität an der Dantestraße. Doch die Einrichtung ist zum Politikum geworden. In dieser Woche hat der Streit um die Zukunft der Bücher einen neuen Höhepunkt erreicht: Wie eher beiläufig bekannt wurde, verlagert die Frankfurter Uni die Bibliothek nun doch schon in den nächsten Monaten nach Marburg. Der Asta der Goethe-Uni spricht von einer "nicht hinzunehmenden Zumutung", Orientalistik-Professor Hans Daiber gar von einer "Aufforderung zum Rechtsbruch". Das hessische Wissenschaftsministerium hingegen wiegelt ab: "Die Studierenden werden die erforderliche Literatur zur Verfügung haben", sagt Ministeriumssprecher Ulrich Adolphs.
Besiegelt war das Schicksal der Bibliothek im Sommer 2005, als Wissenschaftsminister Udo Corts (CDU) verkündete, dass an der Marburger Philipps-Uni ein Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien entstehen soll. Die Unis Frankfurt und Gießen sollten ihre Bücherbestände dorthin auslagern - dafür bekamen sie andere Zentren für kleinere geisteswissenschaftliche Fächer zugewiesen. Allerdings: Den Studierenden versprach Corts, dass sie ihr Studium bis 2010 fortsetzen können, ohne die Hochschule zu wechseln.Genau diese Zusage sehen Frankfurter Orientalistik-Studierende wie Anja Pfeffermann nun gebrochen. Denn nach einer Vereinbarung zwischen den Universitäten in Frankfurt und Marburg und dem Wissenschaftsministerium, die der Frankfurter Rundschau vorliegt, werden 30 000 Bände bis Mitte Februar 2008 nach Marburg verlagert. Betroffen sind die Fachgebiete Landeskunde, Geschichte islamischer Völker, arabische Literatur und Iranistik. Die restlichen Werke sollen im Sommersemester folgen."Wie soll ich ohne die Bücher in Frankfurt meinen Magister machen?", fragt sich Anja Pfeffermann. Sie habe nicht die Zeit, um täglich nach Marburg zu reisen. Und das Instrument der Fernleihe sei umständlich und funktioniere nur selten.Noch deutlicher wird Professor Hans Daiber: "Die den Frankfurter Orientalistikstudenten zugesagte Zusicherung, ihr Studium bis 2009 / 2010 abschließen zu können, lässt sich ohne Bibliothek nicht einhalten", schreibt er in einer Stellungnahme.Noch vor einem Monat schien eine Lösung im Bücherstreit gefunden. Der Asta teilte erfreut mit, die Unis in Frankfurt und Marburg hätten sich darauf geeinigt, dass die Bibliothek bis 2010 nicht verlagert wird. Doch davon ist in der nun getroffenen Vereinbarung keine Rede mehr. Der Frankfurter Asta spricht daher von "Ränkespielen des Präsidiums".Wenig Verständnis für die Aufregung in Frankfurt haben die Marburger Orientwissenschaftler. "Wir betreiben keine Raubritterei", sagt Walter Sommerfeld, der Gründer des Zentrums für Nah- und Mittelost-Studien. Wichtige Standardwerke der Orientalistik verblieben in Frankfurt. Außerdem sei es den Studierenden schon zuzumuten, "einmal pro Woche nach Marburg zu kommen".Ähnlich sieht man das im Wissenschaftsministerium. Adolphs verweist auf das Semesterticket, das für Fahrten an die Lahn gelte. Zudem sei sichergestellt, dass für die Orientalistik-Veranstaltungen, die bis 2010 in Frankfurt angeboten werden, die nötige Literatur bereit stehe.
Georg Leppert
Bücherstreit eskaliert
Es ist nur eine verhältnismäßig kleine Bibliothek: 45 000 Bücher stehen in den Regalen des Orientalischen Seminars der Goethe-Universität an der Dantestraße. Doch die Einrichtung ist zum Politikum geworden. In dieser Woche hat der Streit um die Zukunft der Bücher einen neuen Höhepunkt erreicht: Wie eher beiläufig bekannt wurde, verlagert die Frankfurter Uni die Bibliothek nun doch schon in den nächsten Monaten nach Marburg. Der Asta der Goethe-Uni spricht von einer "nicht hinzunehmenden Zumutung", Orientalistik-Professor Hans Daiber gar von einer "Aufforderung zum Rechtsbruch". Das hessische Wissenschaftsministerium hingegen wiegelt ab: "Die Studierenden werden die erforderliche Literatur zur Verfügung haben", sagt Ministeriumssprecher Ulrich Adolphs.
Besiegelt war das Schicksal der Bibliothek im Sommer 2005, als Wissenschaftsminister Udo Corts (CDU) verkündete, dass an der Marburger Philipps-Uni ein Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien entstehen soll. Die Unis Frankfurt und Gießen sollten ihre Bücherbestände dorthin auslagern - dafür bekamen sie andere Zentren für kleinere geisteswissenschaftliche Fächer zugewiesen. Allerdings: Den Studierenden versprach Corts, dass sie ihr Studium bis 2010 fortsetzen können, ohne die Hochschule zu wechseln.Genau diese Zusage sehen Frankfurter Orientalistik-Studierende wie Anja Pfeffermann nun gebrochen. Denn nach einer Vereinbarung zwischen den Universitäten in Frankfurt und Marburg und dem Wissenschaftsministerium, die der Frankfurter Rundschau vorliegt, werden 30 000 Bände bis Mitte Februar 2008 nach Marburg verlagert. Betroffen sind die Fachgebiete Landeskunde, Geschichte islamischer Völker, arabische Literatur und Iranistik. Die restlichen Werke sollen im Sommersemester folgen."Wie soll ich ohne die Bücher in Frankfurt meinen Magister machen?", fragt sich Anja Pfeffermann. Sie habe nicht die Zeit, um täglich nach Marburg zu reisen. Und das Instrument der Fernleihe sei umständlich und funktioniere nur selten.Noch deutlicher wird Professor Hans Daiber: "Die den Frankfurter Orientalistikstudenten zugesagte Zusicherung, ihr Studium bis 2009 / 2010 abschließen zu können, lässt sich ohne Bibliothek nicht einhalten", schreibt er in einer Stellungnahme.Noch vor einem Monat schien eine Lösung im Bücherstreit gefunden. Der Asta teilte erfreut mit, die Unis in Frankfurt und Marburg hätten sich darauf geeinigt, dass die Bibliothek bis 2010 nicht verlagert wird. Doch davon ist in der nun getroffenen Vereinbarung keine Rede mehr. Der Frankfurter Asta spricht daher von "Ränkespielen des Präsidiums".Wenig Verständnis für die Aufregung in Frankfurt haben die Marburger Orientwissenschaftler. "Wir betreiben keine Raubritterei", sagt Walter Sommerfeld, der Gründer des Zentrums für Nah- und Mittelost-Studien. Wichtige Standardwerke der Orientalistik verblieben in Frankfurt. Außerdem sei es den Studierenden schon zuzumuten, "einmal pro Woche nach Marburg zu kommen".Ähnlich sieht man das im Wissenschaftsministerium. Adolphs verweist auf das Semesterticket, das für Fahrten an die Lahn gelte. Zudem sei sichergestellt, dass für die Orientalistik-Veranstaltungen, die bis 2010 in Frankfurt angeboten werden, die nötige Literatur bereit stehe.
Georg Leppert
Montag, 17. Dezember 2007
Wir lassen uns nicht unterkriegen!
Wenn schon dem Untergang geweiht, dann aber mit Pauken und Trompeten: am Mittwoch, 19.12.2007, findet um 14:00h eine Seantssitzung statt. Zuvor (etwa ab 13:00h) tritt der Senat in erweitertem Rahmen in der Aula (WiWi-Gebäude) zusammen. Bei dieser Gelegenheit möchten wir der Öffentlichkeit gerne zeigen, dass es uns erstens noch gibt, und wir uns zweitens ganz schön (mit Verlaub!) verarscht vorkommen.
Deshalb kommt bitte am Mittwoch, 19.12.2007, ab 10:00h in die Orientbibliothek!
Dort werden wir uns gemeinsam genauer überlegen, wie wir vorgehen wollen. Kommt bitte zahlreich! Bringt kreative Ideen mit! Lasst euch von der scheinbar ausweglosen Situation nicht entmutigen! Es geht um euer Studium! Im Klartext: ab 15.02.2007 (zweite vorlesungsfreie Woche) werden keine Bücher mehr in der Bibliothek sein -- was wird dann aus euren Seminararbeiten?
Deshalb kommt bitte am Mittwoch, 19.12.2007, ab 10:00h in die Orientbibliothek!
Dort werden wir uns gemeinsam genauer überlegen, wie wir vorgehen wollen. Kommt bitte zahlreich! Bringt kreative Ideen mit! Lasst euch von der scheinbar ausweglosen Situation nicht entmutigen! Es geht um euer Studium! Im Klartext: ab 15.02.2007 (zweite vorlesungsfreie Woche) werden keine Bücher mehr in der Bibliothek sein -- was wird dann aus euren Seminararbeiten?
HMWK, Pressemitteilung 12.12.2007
Liebe Kommilitonen,
offensichtlich haben wir dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) und seinem wichtigsten Vertreter, Minister Udo Corts, unrecht getan: entgegen allem, was uns bislang bekannt war, hat man sich im HMWK die Geschichte mit der Zentrenbildung nicht einfach nur ausgedacht, vielmehr fand ein reger Austausch auch mit den Professoren statt. Zitat:
Staatsminister Corts hob hervor, dass es in den Diskussionen über die Zentrenbildung praktisch kein Argument gegeben habe, das von Ministerium und Universitätsleitungen außer Acht gelassen worden wäre. „In einer regen Auseinandersetzung mit den Präsidenten, den Professoren und vor allem auch mit der einhelligen Unterstützung des Hessischen Landtags sind die Zentren auf die Beine gestellt worden.“ Im Hinblick darauf, dass vereinzelte Klagen von Studierenden und Professoren gegen das Konzept von den Gerichten abgewiesen worden waren, fügte er hinzu, das Projekt sei auch juristisch anerkannt.
Wer diese Professoren sein sollen, bleibt leider unklar.
Interessant ist auch, dass Herr Corts bereits weiß, welche Bestände in Marburg benötigt werden. Offensichtlich hat er sich in orientalistischer Hinsicht weitergebildet, sehr löblich! Zitat:
„Der Transfer der Orientbibliothek von Frankfurt nach Marburg ist gesichert“, sagte der Minister: Bis 15. Februar 2008 würden die wesentlichen Bestände, die die Universität Marburg benötige, umziehen. „Forschung und Lehre, die neuen Berufungen und die neuen Projekte sind damit in eine Arbeitssituation versetzt, wie sie besser nicht seien könnte.“ Die neuen Räume des CNMS in unmittelbarer Nachbarschaft der Elisabethkirche in Marburg seien ein weiterer wesentlicher und wichtiger Faktor für das neue Zentrum.
Keine Rede von Dublettenabgleich, und vor allem: keine Rede von den noch nicht bezugsfertigen Bibliohteksräumen in Marburg.
Komplett verschwiegen wird in dieser Pressemitteilung auch, dass Minister Corts Studenten kriminalisiert: in seiner Festrede sprach er im Hinblick auf vor den Festräumen friedlich demonstrierende Studierende davon, dass man sich ja kaum noch ohne Personenschutz bewegen könne. Sprachs und verschwand alsbald durch die Hintertür -- natürlich mit seinen Personenschützern. Auf was für ein Demokratie- und Menschen-Verständnis lassen solche Aussagen schließen?!?
Traurig für die deutsche Presselandschaft: diese Pressemitteilung wurde von vielen Informationsdiensten ohne weitere Recherche haarklein und unkommentiert übernommen, z. B. bildungsklick oder auch Informationsdienst Wissenschaft.
offensichtlich haben wir dem Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) und seinem wichtigsten Vertreter, Minister Udo Corts, unrecht getan: entgegen allem, was uns bislang bekannt war, hat man sich im HMWK die Geschichte mit der Zentrenbildung nicht einfach nur ausgedacht, vielmehr fand ein reger Austausch auch mit den Professoren statt. Zitat:
Staatsminister Corts hob hervor, dass es in den Diskussionen über die Zentrenbildung praktisch kein Argument gegeben habe, das von Ministerium und Universitätsleitungen außer Acht gelassen worden wäre. „In einer regen Auseinandersetzung mit den Präsidenten, den Professoren und vor allem auch mit der einhelligen Unterstützung des Hessischen Landtags sind die Zentren auf die Beine gestellt worden.“ Im Hinblick darauf, dass vereinzelte Klagen von Studierenden und Professoren gegen das Konzept von den Gerichten abgewiesen worden waren, fügte er hinzu, das Projekt sei auch juristisch anerkannt.
Wer diese Professoren sein sollen, bleibt leider unklar.
Interessant ist auch, dass Herr Corts bereits weiß, welche Bestände in Marburg benötigt werden. Offensichtlich hat er sich in orientalistischer Hinsicht weitergebildet, sehr löblich! Zitat:
„Der Transfer der Orientbibliothek von Frankfurt nach Marburg ist gesichert“, sagte der Minister: Bis 15. Februar 2008 würden die wesentlichen Bestände, die die Universität Marburg benötige, umziehen. „Forschung und Lehre, die neuen Berufungen und die neuen Projekte sind damit in eine Arbeitssituation versetzt, wie sie besser nicht seien könnte.“ Die neuen Räume des CNMS in unmittelbarer Nachbarschaft der Elisabethkirche in Marburg seien ein weiterer wesentlicher und wichtiger Faktor für das neue Zentrum.
Keine Rede von Dublettenabgleich, und vor allem: keine Rede von den noch nicht bezugsfertigen Bibliohteksräumen in Marburg.
Komplett verschwiegen wird in dieser Pressemitteilung auch, dass Minister Corts Studenten kriminalisiert: in seiner Festrede sprach er im Hinblick auf vor den Festräumen friedlich demonstrierende Studierende davon, dass man sich ja kaum noch ohne Personenschutz bewegen könne. Sprachs und verschwand alsbald durch die Hintertür -- natürlich mit seinen Personenschützern. Auf was für ein Demokratie- und Menschen-Verständnis lassen solche Aussagen schließen?!?
Traurig für die deutsche Presselandschaft: diese Pressemitteilung wurde von vielen Informationsdiensten ohne weitere Recherche haarklein und unkommentiert übernommen, z. B. bildungsklick oder auch Informationsdienst Wissenschaft.
Mittwoch, 12. Dezember 2007
Zweifel an der Studierbarkeit?
liebe kommilitonen,
da uns ab februar 2008 nun tatsächlich die bibliothek unter dem (mit verlaub!) arsch weggezogen werden soll, werden unsere studienbedingungen aufs ärgste eingeschränkt sein. niemand wird uns zusichern, dass die bücher, die wir für seminare, seminararbeiten, prüfungsvorbereitungen und nicht zuletzt für individuelle weiterbildung künftig benötigen, uns auch wahrhaftig und umstandslos in marburg zugänglich sein werden. soweit das von hier aus zu beurteilen ist, wäre ein solche garantie nur das, was wir bislang zu hören bekommen haben: leeres gewäsch!
hiermit möchte ich noch einmal ganz deutlich darauf hinweisen, dass die goethe-universität uns auffordert, missstände zu beklagen, und zwar möglichst frühzeitig! einen früheren zeitpunkt als jetzt gibt es nicht. wenn ihr also ehrliche zweifel an der studierbarkeit eures faches habt, meldet dies bitte unter stb-Probleme@uni-frankfurt.de! lasst bitte in eurem widerstand gegen den abzug unserer bibliothek nicht nach -- wie wollt ihr sonst ab februar weiterstudieren? tatsächlich ständig auf der fahrt nach marburg, auf empfehlung von vizepräsident ebsen euer RMV-ticket nutzend?
da uns ab februar 2008 nun tatsächlich die bibliothek unter dem (mit verlaub!) arsch weggezogen werden soll, werden unsere studienbedingungen aufs ärgste eingeschränkt sein. niemand wird uns zusichern, dass die bücher, die wir für seminare, seminararbeiten, prüfungsvorbereitungen und nicht zuletzt für individuelle weiterbildung künftig benötigen, uns auch wahrhaftig und umstandslos in marburg zugänglich sein werden. soweit das von hier aus zu beurteilen ist, wäre ein solche garantie nur das, was wir bislang zu hören bekommen haben: leeres gewäsch!
hiermit möchte ich noch einmal ganz deutlich darauf hinweisen, dass die goethe-universität uns auffordert, missstände zu beklagen, und zwar möglichst frühzeitig! einen früheren zeitpunkt als jetzt gibt es nicht. wenn ihr also ehrliche zweifel an der studierbarkeit eures faches habt, meldet dies bitte unter stb-Probleme@uni-frankfurt.de! lasst bitte in eurem widerstand gegen den abzug unserer bibliothek nicht nach -- wie wollt ihr sonst ab februar weiterstudieren? tatsächlich ständig auf der fahrt nach marburg, auf empfehlung von vizepräsident ebsen euer RMV-ticket nutzend?
Dienstag, 11. Dezember 2007
Oberhessische Presse, 10.12.2007 (Hiobsbotschaft!)
Ganz aktuell aus der Oberhessischen Presse:
Frankfurt schickt Bücher für Orientzentrum
Marburg. Heute wird das Orientzentrum der Marburger Universität eröffnet. Zur Eröffnung kommt Wissenschaftsminister Udo Corts.
Das in der ehemaligen Uni-Kinderklinik untergebrachte Orientzentrum ist ein erster Baustein im geplanten neuen geisteswissenschaftlichen Uni-Campus in Marburg. Gleichzeitig soll das Orientzentrum nach dem Willen von Wissenschaftsminister Udo Corts (CDU) zu einem Leuchtturm der Erforschung des Nahen und Mittleren Ostens werden. Denn es ist Bestandteil des lange an den hessischen Universitäten umstrittenen geisteswissenschaftlichen Zentrenkonzepts, das eine Konzentrierung verschiedener Schwerpunkte an den drei Uni-Standorten Frankfurt, Gießen und Marburg vorsieht.Pünktlich zum Start des Orientzentrums ist laut dem Zentrums-Koordinator Professor Walter Sommerfeld auch gesichert, dass die Bibliothek der Orientalisten der Universität Frankfurt nach Marburg transferiert wird. Schriftlich wurde vereinbart, dass bereits im Februar eine erste Lieferung von 30.000 Bänden geschickt wird. Die restlichen Bücher sollen dann bis Ende Juli 2008 folgen. Für das Marburger Orientzentrum sind die Bücher wichtig, um einen sinnvollen Lehrbetrieb zu gewährleisten. Mehr dazu lesen Sie in der Dienstagsausgabe der OP.
Manfred Hitzeroth
Frankfurt schickt Bücher für Orientzentrum
Marburg. Heute wird das Orientzentrum der Marburger Universität eröffnet. Zur Eröffnung kommt Wissenschaftsminister Udo Corts.
Das in der ehemaligen Uni-Kinderklinik untergebrachte Orientzentrum ist ein erster Baustein im geplanten neuen geisteswissenschaftlichen Uni-Campus in Marburg. Gleichzeitig soll das Orientzentrum nach dem Willen von Wissenschaftsminister Udo Corts (CDU) zu einem Leuchtturm der Erforschung des Nahen und Mittleren Ostens werden. Denn es ist Bestandteil des lange an den hessischen Universitäten umstrittenen geisteswissenschaftlichen Zentrenkonzepts, das eine Konzentrierung verschiedener Schwerpunkte an den drei Uni-Standorten Frankfurt, Gießen und Marburg vorsieht.Pünktlich zum Start des Orientzentrums ist laut dem Zentrums-Koordinator Professor Walter Sommerfeld auch gesichert, dass die Bibliothek der Orientalisten der Universität Frankfurt nach Marburg transferiert wird. Schriftlich wurde vereinbart, dass bereits im Februar eine erste Lieferung von 30.000 Bänden geschickt wird. Die restlichen Bücher sollen dann bis Ende Juli 2008 folgen. Für das Marburger Orientzentrum sind die Bücher wichtig, um einen sinnvollen Lehrbetrieb zu gewährleisten. Mehr dazu lesen Sie in der Dienstagsausgabe der OP.
Manfred Hitzeroth
Montag, 26. November 2007
DEBATTE, BITTE!
Liebe Leser,
bitte nehmt an der Debatte teil, die durch die Kommentare angeregt wird, besonders der Artikel aus der FR bietet offensichtlich genug Zündstoff. Leider ist im Moment aus technischen Gründen keine andere Darstellung der Debatte möglich, als über das Beitragen von Kommentaren! Aber nutzt bitte diese (vielleicht etwas defitzitäre) Möglichkeit! Der Austausch der unterschiedlichsten Positionen erweitert unser aller Horizont. Das ist Wissenschaft: die Auseinandersetzung eben um unterschiedliche Positionen!
bitte nehmt an der Debatte teil, die durch die Kommentare angeregt wird, besonders der Artikel aus der FR bietet offensichtlich genug Zündstoff. Leider ist im Moment aus technischen Gründen keine andere Darstellung der Debatte möglich, als über das Beitragen von Kommentaren! Aber nutzt bitte diese (vielleicht etwas defitzitäre) Möglichkeit! Der Austausch der unterschiedlichsten Positionen erweitert unser aller Horizont. Das ist Wissenschaft: die Auseinandersetzung eben um unterschiedliche Positionen!
Samstag, 24. November 2007
FNP 29.11.2007 zum KAV-Beschluss
Die KAV hat gemäß Beschluss vom 19.11.2007 eine Bitte an die Stadtverordnetenversammlung gerichtet: diese solle den Magistrat der Stadt Frankfurt am Main beauftragen, beim Hessischen Bildungs- und Kultusministerium und beim Präsidium der Frankfurter Goethe-Uni zu intervenieren und sich für den Erhalt der Orientbibliothek in Frankfurt einzusetzen. Die Bestände der Orientbibliothek sollen der Stidtungsprofessur Islamische Religion im Fachbereich Evangelische Theologie übergeben werden.
Aktuell dazu immer im PARLIS (Suchwort: Orientbibliothek)!
Aktuell dazu immer im PARLIS (Suchwort: Orientbibliothek)!
Diese Schätze müssen Frankfurt verlassen
Frankfurt. Die Kommunale Ausländervertretung (KAV) will sich nicht mit dem Fortzug der traditionsreichen Orientbibliothek aus Frankfurt abfinden. Sie hat bei der Stadtverordnetenversammlung angeregt, den Magistrat zu beauftragen, über den Verbleib der Bibliothek in Frankfurt zu verhandeln. Die CDU-Landesregierung will die so genannten „kleineren geisteswissenschaftlichen Fächer“ bündeln. So soll in Marburg das Zentrum für Nah- und Mitteloststudien entstehen. Der Ausländerbeirat möchte, dass die Fachbibliothek an der Goethe-Universität bleibt. „Sollte die bereits angelaufene Bibliotheksverlagerung nicht sofort gestoppt und rückgängig gemacht werden, dann können Studierende der Orientalistik bald nicht mehr in Frankfurt auf die Fachliteratur zugreifen“, begründet der Ausländerbeirat seine Anregung. Die KAV appelliert an die Hessische Landesregierung und an das Präsidium der Goethe-Universität, die Orient-Bibliothek an die Stiftungsprofessur für Islamische Religion zu übergeben. Die Übergabe der Orient-Bibliothek an diese Professur, die in Deutschland einmalig sei, sei eine sinnvolle Lösung. Damit werde diese Professur, die im Prozess der Integration der Muslime in die Mehrheitsgesellschaft eine große Rolle spiele, aufgewertet. „Auch für die Studenten im Orientalischen Seminar, die auf diese Bibliothek angewiesen sind, ist dies eine akzeptable Lösung“ betont die KAV. Das Orientalische Seminar in Frankfurt befasst sich in Forschung und Lehre mit der Wissenschaft von den Sprachen und Literaturen des Vorderen Orients. Der Magisterstudiengang Orientalistik, in dessen Mittelpunkt die arabische Sprache und Literatur sowie die Islamwissenschaften stehen, wird seit 2006 nicht mehr angeboten. Studierende, die ihr Studium 2005 oder früher angefangen haben, können ihr Studium in der Regelstudienzeit noch in Frankfurt beenden. (tre)
Frankfurt. Die Kommunale Ausländervertretung (KAV) will sich nicht mit dem Fortzug der traditionsreichen Orientbibliothek aus Frankfurt abfinden. Sie hat bei der Stadtverordnetenversammlung angeregt, den Magistrat zu beauftragen, über den Verbleib der Bibliothek in Frankfurt zu verhandeln. Die CDU-Landesregierung will die so genannten „kleineren geisteswissenschaftlichen Fächer“ bündeln. So soll in Marburg das Zentrum für Nah- und Mitteloststudien entstehen. Der Ausländerbeirat möchte, dass die Fachbibliothek an der Goethe-Universität bleibt. „Sollte die bereits angelaufene Bibliotheksverlagerung nicht sofort gestoppt und rückgängig gemacht werden, dann können Studierende der Orientalistik bald nicht mehr in Frankfurt auf die Fachliteratur zugreifen“, begründet der Ausländerbeirat seine Anregung. Die KAV appelliert an die Hessische Landesregierung und an das Präsidium der Goethe-Universität, die Orient-Bibliothek an die Stiftungsprofessur für Islamische Religion zu übergeben. Die Übergabe der Orient-Bibliothek an diese Professur, die in Deutschland einmalig sei, sei eine sinnvolle Lösung. Damit werde diese Professur, die im Prozess der Integration der Muslime in die Mehrheitsgesellschaft eine große Rolle spiele, aufgewertet. „Auch für die Studenten im Orientalischen Seminar, die auf diese Bibliothek angewiesen sind, ist dies eine akzeptable Lösung“ betont die KAV. Das Orientalische Seminar in Frankfurt befasst sich in Forschung und Lehre mit der Wissenschaft von den Sprachen und Literaturen des Vorderen Orients. Der Magisterstudiengang Orientalistik, in dessen Mittelpunkt die arabische Sprache und Literatur sowie die Islamwissenschaften stehen, wird seit 2006 nicht mehr angeboten. Studierende, die ihr Studium 2005 oder früher angefangen haben, können ihr Studium in der Regelstudienzeit noch in Frankfurt beenden. (tre)
Freitag, 23. November 2007
FR, 23.11.2007 (Meinungen aus Marburg)
Die Marburger Orientalisten haben nun auch eine Meinung zu unserem Protest gegen einen voreiligen und verfrühten Abzug unserer Bibliothek, und zwar in der FR vom 23.11.2007. Mehr als unsere Argumente umzukehren, fiel ihnen aber leider nicht ein: in Marburg würde die Bibliothek wirklich genutzt, in Frankfurt gebe es gar kein Umfeld dafür und außerdem seien ja die Studierendenzahlen schon sprunghaft angestiegen... aaaaah ja! Aber lest selbst:
Zentrum für Orient-Studien
Praktikum im Jemen
Für Gründer Walter Sommerfeld steckt in dem neuen Centrum für Nah- und Mittelost-Studien der Marburger Universität die große Chance: "Wir sind hochmotiviert, passen gut zusammen und wollen richtig loslegen", sagt der Altorientalist. Weltweit solle Marburg ein Name in der Orientwissenschaft werden. Am 11. Dezember wird das neue Centrum von Wissenschaftsminister Udo Corts eröffnet. In den Räumen der ehemaligen Kinderklinik wird die hessische Orientforschung gebündelt - sechs Professuren, zwei Juniorprofessuren, ein Honorarprofessor und 1,3 Millionen Euro für die Aufbauphase gehören dazu.
Wut in Frankfurt
Freilich sind nicht alle glücklich über das neue Zentrum. Während die Gießener Islamwissenschaft inzwischen nach Marburg verlagert wurde, gibt es lautstarke Proteste aus Frankfurt. Das Orientalische Seminar der Goethe-Universität will seine wertvolle Bibliothek nun doch nicht abgeben. Mit einer Unterschriftenaktion kämpfen die Studierenden dafür, dass die 40 000 Bände vorerst in Frankfurt bleiben können. Walter Sommerfeld und sein Kollege Stefan Weniger (Semitistik) können über dieses Ansinnen nur den Kopf schütteln: "Bei uns würde die Bibliothek wirklich genutzt. In Frankfurt ist das Umfeld gar nicht da." Im übrigen kritisieren Marburger Wissenschaftler, dass die Philipps-Universität bei der Zentrenbildung in Hessen besonders viel abgeben musste: Das Japan-Zentrum ging nach Frankfurt, die renommierte Slawistik mitsamt ihrer großen Bibliothek nach Gießen. Dagegen blieb die Judaistik entgegen den ursprünglichen Plänen in Frankfurt, die Turkologie in Gießen. Doch die Marburger Forscher freuen sich jetzt, den Studienbetrieb in den 55 Räumen des denkmalgeschützten Gebäudes an der Elisabethkirche aufnehmen zu können. Die Zahl der Studierenden ist bereits sprunghaft angestiegen: 100 Hauptfachstudenten zählt das neue Centrum. Und in Zukunft sollen es noch dreimal so viele werden."Wir haben ein gut überlegtes Gesamtkonzept", sagt Sommerfeld. Dazu gehören nicht nur intensive Kenntnisse über Geschichte, Kultur und Religion sowie das Erlernen von Arabisch oder Persisch. Selbstverständlich ist es für das Team auch, Wissen über Berufsperspektiven in Unternehmen, im diplomatischen Dienst oder in der Migrantenbetreuung zu vermitteln. Wirtschaft und Politik sind Themen. Die Studierenden sollen ein Praktikum in Syrien, Ägypten, Saudi-Arabien, dem Jemen oder dem Libanon absolvieren.
Forschungsschwerpunkt: Irak
Dass Tradition und Moderne verbunden werden sollen, zeigt auch der Internetauftritt des Centrums. Dort ist das moderne Einkaufszentrum von Dubai mit seinen alten arabischen Windtürmen zu sehen, durch deren raffinierte Technik Wind eingefangen wird. Sommerfeld: "Wer sich im breitesten Sinne mit dem Orient beschäftigen will, findet das in Marburg in einer einmaligen Komplexität." Ein Forschungsschwerpunkt ist der Irak, in den zurzeit jedoch keine Wissenschaftler aus Marburg reisen können. Die Philipps-Universität unterhält eine Partnerschaft mit der Universität Bagdad. Sommerfeld ist ausgewiesener Irak-Experte. Nach dem Krieg begutachtete er als deutscher Experte das verwüstete Irak-Museum und protestierte gegen die Raubgrabungen. 2010 werden mehr als 1000 Besucher zum Orientalistentag in Marburg erwartet.
Gesa Coordes
Zentrum für Orient-Studien
Praktikum im Jemen
Für Gründer Walter Sommerfeld steckt in dem neuen Centrum für Nah- und Mittelost-Studien der Marburger Universität die große Chance: "Wir sind hochmotiviert, passen gut zusammen und wollen richtig loslegen", sagt der Altorientalist. Weltweit solle Marburg ein Name in der Orientwissenschaft werden. Am 11. Dezember wird das neue Centrum von Wissenschaftsminister Udo Corts eröffnet. In den Räumen der ehemaligen Kinderklinik wird die hessische Orientforschung gebündelt - sechs Professuren, zwei Juniorprofessuren, ein Honorarprofessor und 1,3 Millionen Euro für die Aufbauphase gehören dazu.
Wut in Frankfurt
Freilich sind nicht alle glücklich über das neue Zentrum. Während die Gießener Islamwissenschaft inzwischen nach Marburg verlagert wurde, gibt es lautstarke Proteste aus Frankfurt. Das Orientalische Seminar der Goethe-Universität will seine wertvolle Bibliothek nun doch nicht abgeben. Mit einer Unterschriftenaktion kämpfen die Studierenden dafür, dass die 40 000 Bände vorerst in Frankfurt bleiben können. Walter Sommerfeld und sein Kollege Stefan Weniger (Semitistik) können über dieses Ansinnen nur den Kopf schütteln: "Bei uns würde die Bibliothek wirklich genutzt. In Frankfurt ist das Umfeld gar nicht da." Im übrigen kritisieren Marburger Wissenschaftler, dass die Philipps-Universität bei der Zentrenbildung in Hessen besonders viel abgeben musste: Das Japan-Zentrum ging nach Frankfurt, die renommierte Slawistik mitsamt ihrer großen Bibliothek nach Gießen. Dagegen blieb die Judaistik entgegen den ursprünglichen Plänen in Frankfurt, die Turkologie in Gießen. Doch die Marburger Forscher freuen sich jetzt, den Studienbetrieb in den 55 Räumen des denkmalgeschützten Gebäudes an der Elisabethkirche aufnehmen zu können. Die Zahl der Studierenden ist bereits sprunghaft angestiegen: 100 Hauptfachstudenten zählt das neue Centrum. Und in Zukunft sollen es noch dreimal so viele werden."Wir haben ein gut überlegtes Gesamtkonzept", sagt Sommerfeld. Dazu gehören nicht nur intensive Kenntnisse über Geschichte, Kultur und Religion sowie das Erlernen von Arabisch oder Persisch. Selbstverständlich ist es für das Team auch, Wissen über Berufsperspektiven in Unternehmen, im diplomatischen Dienst oder in der Migrantenbetreuung zu vermitteln. Wirtschaft und Politik sind Themen. Die Studierenden sollen ein Praktikum in Syrien, Ägypten, Saudi-Arabien, dem Jemen oder dem Libanon absolvieren.
Forschungsschwerpunkt: Irak
Dass Tradition und Moderne verbunden werden sollen, zeigt auch der Internetauftritt des Centrums. Dort ist das moderne Einkaufszentrum von Dubai mit seinen alten arabischen Windtürmen zu sehen, durch deren raffinierte Technik Wind eingefangen wird. Sommerfeld: "Wer sich im breitesten Sinne mit dem Orient beschäftigen will, findet das in Marburg in einer einmaligen Komplexität." Ein Forschungsschwerpunkt ist der Irak, in den zurzeit jedoch keine Wissenschaftler aus Marburg reisen können. Die Philipps-Universität unterhält eine Partnerschaft mit der Universität Bagdad. Sommerfeld ist ausgewiesener Irak-Experte. Nach dem Krieg begutachtete er als deutscher Experte das verwüstete Irak-Museum und protestierte gegen die Raubgrabungen. 2010 werden mehr als 1000 Besucher zum Orientalistentag in Marburg erwartet.
Gesa Coordes
Sonntag, 18. November 2007
FR, 17.11.2007
FR-Campus berichtet aus der Frankfurter Hochschulszene:
Bibliothek bleibt in Frankfurt
Universität findet Lösung für die Orientalistik
Der Erhalt der Orientalistik-Bibliothek an der Johann Wolfgang Goethe-Universität ist vorerst gesichert. Das Präsidium habe zugesichert, dass die aus 40 000 Bänden bestehende Einrichtung bis mindestens 2010 in Frankfurt bleibt, teilte der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) am Freitag mit. Universitätssprecher Olaf Kaltenborn bestätigte diese Darstellung weitgehend. Er fügte jedoch an: Sollten bestimmte Teile des Bestandes kaum nachgefragt werden, sei es nicht ausgeschlossen, dass die Universität diese Bücher schon vor 2010 ans neue Orientalistikzentrum in Marburg geben wird. Ursprünglich sollte die Orientalistik-Bibliothek von November an Stück für Stück an das Marburger Zentrum verlagert werden. Dagegen hatten sich vor allem Studierende der Orientwissenschaften gewehrt. Ihnen war vom Wissenschaftsministerium zugesichert worden, dass sie bis 2010 in Frankfurt studieren können. Dann gibt die Uni die Orientwissenschaften auf und verweist ihre Studierenden auf die Marburger Einrichtung, die im Rahmen der Zentrenbildung kleiner Fächer entsteht.
Zuletzt war der Umzug sogar zum Politikum geworden. Die Linkspartei im Römer hatte sich in einem Antrag für den Erhalt der Bibliothek an der Frankfurter Universität ausgesprochen.
Georg Leppert
Erst ignorieren Sie Dich,
dann verlachen Sie Dich,
dann bekämpfen Sie Dich
und dann gewinnst Du.
***Mahatma Gandhi***
***Mahatma Gandhi***
Samstag, 17. November 2007
Entscheidung im Römer, 15.11.2007
Bei der Sitzung des Ältestenausschusses vom 15.11.2007 wurde keine Dringlichkeit der Vorlage Nr. 668 festgestellt. Das heißt im Klartext: der Antrag der Linken, der Magistrat möge sich sowohl beim zuständigen hessischen Ministerium als auch beim Präsidium der Goethe-Uni für einen Erhalt der Orientbibliothek in Frankfurt einsetzen, wurde abgelehnt -- von CDU, Grünen, FDP und BFF! Nicht klar ist, wie sich die Frankfurter SPD zu diesem Antrag verhalten hat. Immerhin tritt die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti mit dem Slogan "Die Zeit ist reif" auch für bessere Bildung gegen Koch an...
Montag, 12. November 2007
Ironie des Schicksals!?
gefunden auf den uni-websites:
Verbesserung der Studien-bedingungen
Ihre Mithilfe ist gefragt!
Liebe Studierende,
Sie entrichten ab diesem Wintersemester Studienbeiträge. Die Universität wird dieses Geld verwenden, um die Studienbedingungen für Sie spürbar zu verbessern. Mehr Informationen dazu erhalten Sie hier. Trotz umfangreicher Maßnahmen zur Verbesserung der Studienbedingungen in allen Studiengängen (!), kann die Universität nicht ausschließen, dass einzelne mögliche Probleme nicht bedacht wurden. Wir bitten Sie deshalb um Ihre Unterstützung. Wenn Sie im Wintersemester bemerken, dass die Studienbedingungen an bestimmten Stellen noch nicht hinreichend verbessert wurden, dann schicken Sie bitte eine E-Mail an stb-Probleme@uni-frankfurt.de Besonders wichtig sind der Universität in diesem Zusammenhang möglichst frühzeitige Hinweise, wenn Sie Zweifel an der Studierbarkeit (?) Ihres Studienganges/Ihrer Fächerkombination in der Regelstudienzeit haben. Bei Studierbarkeitsproblemen können Sie sich auch direkt an die/den Studiendekan/in des betreffenden Fachbereichs wenden.
Kursivierung von mir!
Freitag, 9. November 2007
FNP, 05.11.2007
Orientbibliothek soll bis 2010 bleiben
Frankfurt (fnp) Der Magistrat soll sich für den Erhalt der Orient-Bibliothek in Frankfurt bis mindestens zum Jahr 2010 einsetzen. In einem entsprechenden Antrag an das Stadtparlament fordert die Linksfraktion, sich dafür beim Kultusministerium sowie bei der Goethe-Universität einzusetzen. Sollte die Verlagerung großer Teile des Bibliotheksbestandes an die Universität Marburg nicht gestoppt werden, könnten Frankfurter Studierende der Orientalistik schon in diesem Monat nicht mehr auf die Fachliteratur zugreifen. Grund sei der Beschluss der CDU-Landesregierung, die kleineren geisteswissenschaftlichen Fächer zu bündeln. In Marburg solle das Zentrum für Nah- und Mitteloststudien entstehen.
Die Orientbibliothek zu verlagern, sei so, als würde man den Juristen Gesetzesbücher samt Interpretationen nehmen, erklärte die Linke. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Studierenden an der Goethe-Universität die zum Wintersemester eingeführten Studiengebühren bezahlen müssten und ihnen dann die Bibliothek leer geräumt werde.
dieser Artikel in der FNP!
der Sachstand kann außerdem jederzeit im
Parlamentsinformationssystem eingesehen werden (Suchwort: Orientbibliothek)!
Mittwoch, 7. November 2007
Ansichten eines Orientalistik-Studenten
FRANKFURTER ORIENTALISTEN – wer sind wir, was machen wir, was bewegt uns? Da uns nicht alle kennen, eine kleine Vorstellung. Im Folgenden finden sich einige Hintergründe zu uns, dem Studium an sich und zu unseren Gedanken.
ORIENTALISTIK?
Was macht man da?
Willst Du zum Islam konvertieren?
Sympathisierst Du mit Terroristen?Das sind die Fragen, mit denen man als Student dieses Faches, welches gerne als "exotisch" bezeichnet wird, bisweilen leben muss. Die Inhalte des Studiums sind vielen Menschen nicht bekannt – im Gegensatz zu Jura oder BWL. Dabei handelt es sich um Themen, die verschiedenste Bereiche von Forschung und Lehre tangieren. Mathematik, Philosophie und Kunst sind nur einige der wissenschaftlichen Dimensionen, die durch den Orient eine starke Prägung erfahren haben. Dem weiten - oft unterschätztem - geistigem und kulturellem Erbe des frühen Orients stehen die aktuelle politische und religiöse Bedeutung des Faches gegenüber, ebenso wie natürlich Sprachen und Kulturerfahrung.
WER SIND WIR? WIE SIND WIR?
Man kann davon ausgehen, dass junge Menschen, die sich zu einem Studium im kultur- oder sprachwissenschaftlichen Bereich bewegen, schon relativ vorurteilsfrei der Welt gegenüber sind. Wenn nicht, bekommt man bei uns reichlich Gelegenheit dazu, das "Andersartige" zu begreifen und zu erleben. Die meisten von uns sind Sozial-, Kultur-, Sprach- oder Religionswissenschaftler, die sich besonders für den Orient bzw. den Islam interessieren. Darüber hinaus gibt es in den Sprachkursen jedoch auch eine große Anzahl Teilnehmer aller Fachbereiche, die hier Kenntnisse in den Sprachen Arabisch, Persisch, Türkisch, Hebräisch sowie Syrisch-Aramäisch erwerben oder ausbauen möchten. Hin und wieder finden sich dazu sogar Schüler, Berufstätige oder Rentner als Gaststudenten ein.Die Atmosphäre ist freundlicher als in vielen Massenfächern, da man einander kennt und der Großteil der Studierendendas Fach nicht auf elterlichen Wunsch oder Karriereorientierung hin studiert, sondern sich ob dessen sorgfältig Gedanken gemacht hat und auch eine tiefer gehende Begeisterung für die Lehre mitbringt. Dadurch entwickeln sich gemeinsame Interessen und teilweise auch lebhafte Diskussion. Wir sind aber auch die Studenten der letzten Semester in diesem Fach an der Universität in Frankfurt, denn seit 2005 werden keine neuen Studenten infolge der hessischen Orient-Zentrenbildung mehr aufgenommen. Anfang 2006 wurde uns mitgeteilt, dass wir unser Studium bis 2009/10 beenden müssen, da dann der komplette Umzug von Frankfurt ins neue Zentrum nach Marburg erfolgen soll. Von daher müssen wir mit dem Druck leben, das nicht gerade leichte Studium in der Regelstudienzeit erfolgreich voranzutreiben, und uns mit einer eher eingeschränkten Lehre zufrieden geben, um die wir im Sommersemester 2007 sogar noch kämpfen mussten. Nun jedoch in größerem Ausmaß für unsere Bibliothek, denn ein Studium, ganz besonders das Hauptstudium aufgrund des selbstständigen Arbeitens auf Grundlage vieler Quellen, ist ohne umfassende Literatur nicht möglich.
DER WEG ZUR ORIENTALISTIK
Als gutes Beispiel für die Motivation zum Orientalistik-Studium lässt sich vielleicht meine Geschichte darstellen: Mit 13 Jahren durfte ich mit meinen Eltern auf eine für dieses junge Alter mehr als abenteuerliche Studienreise nach Israel und auf die Sinai-Halbinsel. Eine Woche mit Beduinen und Kamelen durch die Wüste, nur Fladenbrot und Tee zu den Hauptmahlzeiten sowie Nächte unter Millionen von Sternen. Ein derartiges Erlebnis prägt fürs Leben, so dass ich zum Beispiel dann kurz nach meinem 21. Geburtstag zu Hause einen Zettel liegen ließ (meine Familie war gerade selbst verreist): "Ich bin in Marokko. Komme nächste Woche wieder. Hier ist die Adresse ... meine Flüge ..." Es kam eine Lebensphase, in der ich unbedingt mehr über den Orient erfahren wollte. Interesse an Sprachen hatte ich schon lange, so dass Arabisch und Persisch eine neue Herausforderung darstellten. Alsdann war es keine schwierige Entscheidung, Orientalistik zu wählen. Auch wenn es häufig ein harter Kampf mit Übersetzungen ist, die einen viel Zeit und manchmal auch Nerven kosten, und der fortschreitende Abbau des Faches in Frankfurt dem Beschreiten eines steinernen Weges gleichkommt, hat sich die Entscheidung gelohnt.
BESONDERE ERFAHRUNGEN
Was mich in den bisherigen zwei Jahren am meisten beeindruckt hat, war das sehr gute Verständnis unter den Studierenden trotz verschiedenster Herkunft und Religion. Meiner Meinung nach macht man hier die beste Erfahrung, dass Integration und multikonfessionelles Miteinander durchaus möglich und auch in Teilen der Gesellschaft durchgedrungen sind. Dabei erlebt man Geschichten, die leider in der Öffentlichkeit vor lauter kritischer Medienstimmung und Realitätsverzerrung untergehen:Beispielsweise wurde ich zu meinem ersten Kirchenbesuch in Frankfurt von einer muslimischen Kommilitonin bewegt. Eine andere berichtete eines Tages stolz davon, wie sie bei einem Konzert eines islamischen Vereins mit ihren Freunden die Geschlechtertrennung im Saal ignorierte und trotz manch schiefen Blicks den Abend in "gemischter" Runde genoss. Es gibt andere Realitäten. Aber dies ist ebenfalls eine - die jedoch von kaum jemandem wahrgenommen wird, weil sich beide Seiten nicht trauen, aufeinander zuzugehen. Die dafür nötigen "Werkzeuge" kann man bei uns erhalten oder aber auch bestärken. In Afghanistan oder dem Irak hätte ich nur Angst vor Bomben. Aber nicht vor den Menschen. Vielmehr empfinde ich für sie eine tiefe Bewunderung und Faszination. Ich freue mich auf den Tag, an dem ich diese Länder bereisen kann. Bei meinen Orient-Aufenthalten, die sich bisher eher in ruhigen Ländern wie eben Marokko, Jordanien und Ägypten abgespielt haben, konnte ich stets gute Erfahrungen mit den Menschen und der Kultur machen. Die Herzlichkeit, mit der man dort willkommen geheißen wird, fehlt mir häufig in unserer schnelllebigen und kühlen Welt. Ebenso die Zufriedenheit mit den "kleinen" Dingen des Lebens. Es lohnt sich also ein Blick aus anderer Perspektive auf diese Welt, die trotz aller Negativ-Schlagzeilen in vielerlei Hinsicht mehr als einen Hauch von 1001 Nacht bewahrt hat.
PRAXIS
Doch ist der Studiengang Orientalistik natürlich auch von fachlicher und theoretischer Bedeutung, wenn es darum geht, die Unterschiede zwischen unserer Welt und der des Orients zu ergründen und damit auch die den meisten verborgenen Wurzeln der aktuellen Weltkonflikte kennen- und einzuschätzen zu lernen. Sicher sind Gepflogenheiten, die einst für Nomadenvölker eine augenscheinliche Logik hatten und möglicherweise eine Überlebensnotwendigkeit darstellten, heute nicht mehr zeitgemäß und werden dennoch weiter häufig wortwörtlich so ausgelegt und gelebt. Keinesfalls stellt dies eine Rechtfertigung für menschenunwürdige Handlungen dar. Jedoch kann man mit den gewonnenen Einsichten ein gewisses Verständnis entwickeln, welches für die Lösung der Spannungen von größter Wichtigkeit ist. Man neigt in unserer Gesellschaft dazu, vorschnell Schlüsse zu ziehen sowie Veränderungen strikt und von heute auf morgen durchsetzen zu wollen. Die Effekte davon spürt man dann im Zusammenbrechen der Kulturen und Völker, in die wir derart radikal eingreifen. Und in unserem Drang nach einer Welt in "unseren" Maßstäben vergessen wir, wie lange es uns selbst an Zeit gekostet hat, bis wir dort angekommen sind, wo wir heute stehen. Dazu sind auch wir trotz unserer so viel gepriesenen "Zivilisation" und formalen "Rechtsstaatlichkeit" bei weitem nicht die idealen Menschen. Ein Beispiel aus der Lehre: Ein beliebtes Vorurteil im Westen gegenüber dem Islam ist die Polygamie - dass ein Mann mit mehreren Frauen verheiratet sein darf - und das womöglich nur zu seiner Freude. Dabei sieht man die Frauen in einer Opferrolle. Doch von der Idee her - und das wissen leider die wenigsten, zugegeben auch heute noch mancherorts im Orient - war es genau umgekehrt angedacht: Die Möglichkeit der Polygamie sollte z.B. verwitweten Frauen Schutz bieten. Quasi eine Art Sozialversicherung. Der Gedanke war also zumindest für die damalige Zeit sehr fortschrittlich. Aber wer fragt jemals danach?Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Studiums lautet: Im Islam gibt es Für und Wider wie in allen Religionen, und vor allem gibt es nicht "DEN" Islam, wie er gerne von westlichen Gesellschaften bezeichnet wird. Es gibt unzählige verschiedene Richtungen mit verschiedenen Glaubensauffassungen, die sich teils fremd oder gar verfeindet sind. Dies zu akzeptieren, ist wichtig für einen vorurteilsfreien Umgang mit Muslimen - ganz gleich ob hier oder im Ausland.
FAZIT
Orientalistik, ganz gleich ob als reine Orientalistik oder auch mit islamwissenschaftlichem (religiösem) oder arabistischem (sprachlichem) Schwerpunkt, ist ein facettenreiches und wertvolles Fach, dessen Bedeutung gerade in den letzten Jahren zugenommen hat. Mit dem 11. September setzte ein großer Zulauf ein (welcher durch die Abschaffung des Faches in Frankfurt abrupt abgebrochen wurde): Mehr Menschen möchten mehr über den Islam erfahren. Mehr Menschen möchten Arabisch lernen, da Nordafrika, Naher und Mittlerer Osten auch weiterhin beliebte Reiseziele bleiben und die Golfstaaten durch ihren rasanten wirtschaftlichen Aufstieg eine neue Façon orientalischer Faszination ausstrahlen. Nicht zuletzt stellen die genannten geistigen Erbe (also etwa Mathematik, Medizin, Philosophie) eine bedeutende Basis für verschiedene Wissenschaften dar.
UNSERE BIBLIOTHEK
Um Argumente gegen den Umzug hier auszuklammern, denn Argumente sind in den Beiträgen reichlich genannt: Unsere Bibliothek ist meist ein Ort der Ruhe, im Gegensatz zu den größeren Lesesälen der Universität. Deshalb lernt man hier zeitweise auch für andere Fächer. Zugegeben ist sie wegen dem Alter des Gebäudes und dessen allgemeinem Zustand nicht der idyllischste Ort auf dem Campus, jedoch ein wenig gemütlich und umgeben von einer Atmosphäre, die man nach dem möglichen Umzug sicher vermissen würde.
DIE POLITIK DER ZENTRENBILDUNG
Unsere Bemühungen drehen sich derzeit lediglich um die Bibliothek der Orientalistik, um den uns zugesicherten Abschluss des Studiums bis 2009/10 erreichen zu können. Dazu gibt es auf unserem Blog reichlich Informationen in Form von Pressemitteilungen und -berichten. Dennoch ist es wichtig, an dieser Stelle noch einmal einige Worte allgemein zur Zentren-Bildung zu erwähnen:Über den Sinn von wenigen (Orient-)Zentren, welche die Kräfte einer Region bündeln sollen, wurde bereits viel geschrieben. Die unter Lehrenden und Studierenden weit verbreiteten Ansichten sind dabei klar: Universitäten dürfen nicht zu Bildungsmärkten in Massenfächern verkommen, sondern sollen die Lehre in ihrer Breite beibehalten. Denn sind es nicht gerade die "exotischen" Fächer, die einer Universität das Besondere verleihen? Die eine Universität, einen "Ort des Wissens" erst zu diesem machen? Leider sehen das die sich vermehrt ins Universitätsleben einmischenden international agierenden Firmen und vor allem die Universitätsleitungen mit anderen Augen. Sind nicht gerade die Nebenkompetenzen, die man in diesen Fächern gewinnen kann, heute so sehr gefragt? Unternehmen reicht es schon lange nicht mehr, wenn Bewerber mit Englisch als einziger Fremdsprache daher kommen oder Studenten einfach ein BWL- oder Politikwissenschaftsstudium mit einer guten Note abschließen, ohne daneben weiter reichende Qualifikationen erworben zu haben. Deshalb ist es mehr denn je erstrebenswert, sich im Studium einen - oder auch mehrere - regionale und sprachliche Schwerpunkte setzen zu können. Ob das Indien, China oder eben ein orientalischer ist, steht dann im eigenen Interesse. Denn jegliche kulturelle Kompetenz ist eine wertvolle, Basis für konstruktive Dialoge und Gedanken, die über einen gewissen Horizont hinausgehen. Durch Zentrenbildungen wird man in seiner persönlichen Studienwahl weiter eingeschränkt, als es sowieso schon wegen Wohnmöglichkeiten, Studienordnungen und aus anderen studientechnischen Gründen der Fall ist. Viele Studierende müssen einen Kompromiss eingehen - gehe ich an das Zentrum meines Wunschfaches und gebe mich mit anderen Haupt-/Nebenfächern zufrieden - oder lasse ich aufgrund möglicherweise besserer Berufschancen in einem anderen Fach, zwecks Wohnungsnähe meinen Traum vom Studium des Faches verfliegen? Jungen Menschen diese Entscheidungen zu erschweren ist ein unbedachtes Vergehen gegen talentierten Nachwuchs einer Generation, die es in all diesen Punkten zu fördern gilt. Deutschland war immer eine Nation von herausragender Hochschulbildung. Nicht umsonst können wir uns auch in diesem Jahr wieder über Nobelpreisträger freuen, nicht umsonst kommen so viele Studenten aus anderen Ländern zu uns. Wir haben eine hoch qualifizierte Lehre, eine breite Lehre – und besonders: eine freie und kritische Lehre. Das alles sollte man nicht aufgeben in der Gier nach einem Platz unter den Top-Universitäten der Welt. Studenten sind keine Kunden, sondern die Gesellschaft von morgen! Schließlich sollte es in Frankfurt, der Stadt, die sich so gerne als Vorbild von Multikulturalität und Integration bezeichnet, eine Selbstverständlichkeit sein, Kulturwissenschaften in einer großen Varietät studieren zu können.Die Orientalistik ist – wie alle gelehrten Fächer – ein wertvolles Studium, welches in jedem Fall erhaltens- und fördernswert sein sollte.
JAN K.
ORIENTALISTIK?
Was macht man da?
Willst Du zum Islam konvertieren?
Sympathisierst Du mit Terroristen?Das sind die Fragen, mit denen man als Student dieses Faches, welches gerne als "exotisch" bezeichnet wird, bisweilen leben muss. Die Inhalte des Studiums sind vielen Menschen nicht bekannt – im Gegensatz zu Jura oder BWL. Dabei handelt es sich um Themen, die verschiedenste Bereiche von Forschung und Lehre tangieren. Mathematik, Philosophie und Kunst sind nur einige der wissenschaftlichen Dimensionen, die durch den Orient eine starke Prägung erfahren haben. Dem weiten - oft unterschätztem - geistigem und kulturellem Erbe des frühen Orients stehen die aktuelle politische und religiöse Bedeutung des Faches gegenüber, ebenso wie natürlich Sprachen und Kulturerfahrung.
WER SIND WIR? WIE SIND WIR?
Man kann davon ausgehen, dass junge Menschen, die sich zu einem Studium im kultur- oder sprachwissenschaftlichen Bereich bewegen, schon relativ vorurteilsfrei der Welt gegenüber sind. Wenn nicht, bekommt man bei uns reichlich Gelegenheit dazu, das "Andersartige" zu begreifen und zu erleben. Die meisten von uns sind Sozial-, Kultur-, Sprach- oder Religionswissenschaftler, die sich besonders für den Orient bzw. den Islam interessieren. Darüber hinaus gibt es in den Sprachkursen jedoch auch eine große Anzahl Teilnehmer aller Fachbereiche, die hier Kenntnisse in den Sprachen Arabisch, Persisch, Türkisch, Hebräisch sowie Syrisch-Aramäisch erwerben oder ausbauen möchten. Hin und wieder finden sich dazu sogar Schüler, Berufstätige oder Rentner als Gaststudenten ein.Die Atmosphäre ist freundlicher als in vielen Massenfächern, da man einander kennt und der Großteil der Studierendendas Fach nicht auf elterlichen Wunsch oder Karriereorientierung hin studiert, sondern sich ob dessen sorgfältig Gedanken gemacht hat und auch eine tiefer gehende Begeisterung für die Lehre mitbringt. Dadurch entwickeln sich gemeinsame Interessen und teilweise auch lebhafte Diskussion. Wir sind aber auch die Studenten der letzten Semester in diesem Fach an der Universität in Frankfurt, denn seit 2005 werden keine neuen Studenten infolge der hessischen Orient-Zentrenbildung mehr aufgenommen. Anfang 2006 wurde uns mitgeteilt, dass wir unser Studium bis 2009/10 beenden müssen, da dann der komplette Umzug von Frankfurt ins neue Zentrum nach Marburg erfolgen soll. Von daher müssen wir mit dem Druck leben, das nicht gerade leichte Studium in der Regelstudienzeit erfolgreich voranzutreiben, und uns mit einer eher eingeschränkten Lehre zufrieden geben, um die wir im Sommersemester 2007 sogar noch kämpfen mussten. Nun jedoch in größerem Ausmaß für unsere Bibliothek, denn ein Studium, ganz besonders das Hauptstudium aufgrund des selbstständigen Arbeitens auf Grundlage vieler Quellen, ist ohne umfassende Literatur nicht möglich.
DER WEG ZUR ORIENTALISTIK
Als gutes Beispiel für die Motivation zum Orientalistik-Studium lässt sich vielleicht meine Geschichte darstellen: Mit 13 Jahren durfte ich mit meinen Eltern auf eine für dieses junge Alter mehr als abenteuerliche Studienreise nach Israel und auf die Sinai-Halbinsel. Eine Woche mit Beduinen und Kamelen durch die Wüste, nur Fladenbrot und Tee zu den Hauptmahlzeiten sowie Nächte unter Millionen von Sternen. Ein derartiges Erlebnis prägt fürs Leben, so dass ich zum Beispiel dann kurz nach meinem 21. Geburtstag zu Hause einen Zettel liegen ließ (meine Familie war gerade selbst verreist): "Ich bin in Marokko. Komme nächste Woche wieder. Hier ist die Adresse ... meine Flüge ..." Es kam eine Lebensphase, in der ich unbedingt mehr über den Orient erfahren wollte. Interesse an Sprachen hatte ich schon lange, so dass Arabisch und Persisch eine neue Herausforderung darstellten. Alsdann war es keine schwierige Entscheidung, Orientalistik zu wählen. Auch wenn es häufig ein harter Kampf mit Übersetzungen ist, die einen viel Zeit und manchmal auch Nerven kosten, und der fortschreitende Abbau des Faches in Frankfurt dem Beschreiten eines steinernen Weges gleichkommt, hat sich die Entscheidung gelohnt.
BESONDERE ERFAHRUNGEN
Was mich in den bisherigen zwei Jahren am meisten beeindruckt hat, war das sehr gute Verständnis unter den Studierenden trotz verschiedenster Herkunft und Religion. Meiner Meinung nach macht man hier die beste Erfahrung, dass Integration und multikonfessionelles Miteinander durchaus möglich und auch in Teilen der Gesellschaft durchgedrungen sind. Dabei erlebt man Geschichten, die leider in der Öffentlichkeit vor lauter kritischer Medienstimmung und Realitätsverzerrung untergehen:Beispielsweise wurde ich zu meinem ersten Kirchenbesuch in Frankfurt von einer muslimischen Kommilitonin bewegt. Eine andere berichtete eines Tages stolz davon, wie sie bei einem Konzert eines islamischen Vereins mit ihren Freunden die Geschlechtertrennung im Saal ignorierte und trotz manch schiefen Blicks den Abend in "gemischter" Runde genoss. Es gibt andere Realitäten. Aber dies ist ebenfalls eine - die jedoch von kaum jemandem wahrgenommen wird, weil sich beide Seiten nicht trauen, aufeinander zuzugehen. Die dafür nötigen "Werkzeuge" kann man bei uns erhalten oder aber auch bestärken. In Afghanistan oder dem Irak hätte ich nur Angst vor Bomben. Aber nicht vor den Menschen. Vielmehr empfinde ich für sie eine tiefe Bewunderung und Faszination. Ich freue mich auf den Tag, an dem ich diese Länder bereisen kann. Bei meinen Orient-Aufenthalten, die sich bisher eher in ruhigen Ländern wie eben Marokko, Jordanien und Ägypten abgespielt haben, konnte ich stets gute Erfahrungen mit den Menschen und der Kultur machen. Die Herzlichkeit, mit der man dort willkommen geheißen wird, fehlt mir häufig in unserer schnelllebigen und kühlen Welt. Ebenso die Zufriedenheit mit den "kleinen" Dingen des Lebens. Es lohnt sich also ein Blick aus anderer Perspektive auf diese Welt, die trotz aller Negativ-Schlagzeilen in vielerlei Hinsicht mehr als einen Hauch von 1001 Nacht bewahrt hat.
PRAXIS
Doch ist der Studiengang Orientalistik natürlich auch von fachlicher und theoretischer Bedeutung, wenn es darum geht, die Unterschiede zwischen unserer Welt und der des Orients zu ergründen und damit auch die den meisten verborgenen Wurzeln der aktuellen Weltkonflikte kennen- und einzuschätzen zu lernen. Sicher sind Gepflogenheiten, die einst für Nomadenvölker eine augenscheinliche Logik hatten und möglicherweise eine Überlebensnotwendigkeit darstellten, heute nicht mehr zeitgemäß und werden dennoch weiter häufig wortwörtlich so ausgelegt und gelebt. Keinesfalls stellt dies eine Rechtfertigung für menschenunwürdige Handlungen dar. Jedoch kann man mit den gewonnenen Einsichten ein gewisses Verständnis entwickeln, welches für die Lösung der Spannungen von größter Wichtigkeit ist. Man neigt in unserer Gesellschaft dazu, vorschnell Schlüsse zu ziehen sowie Veränderungen strikt und von heute auf morgen durchsetzen zu wollen. Die Effekte davon spürt man dann im Zusammenbrechen der Kulturen und Völker, in die wir derart radikal eingreifen. Und in unserem Drang nach einer Welt in "unseren" Maßstäben vergessen wir, wie lange es uns selbst an Zeit gekostet hat, bis wir dort angekommen sind, wo wir heute stehen. Dazu sind auch wir trotz unserer so viel gepriesenen "Zivilisation" und formalen "Rechtsstaatlichkeit" bei weitem nicht die idealen Menschen. Ein Beispiel aus der Lehre: Ein beliebtes Vorurteil im Westen gegenüber dem Islam ist die Polygamie - dass ein Mann mit mehreren Frauen verheiratet sein darf - und das womöglich nur zu seiner Freude. Dabei sieht man die Frauen in einer Opferrolle. Doch von der Idee her - und das wissen leider die wenigsten, zugegeben auch heute noch mancherorts im Orient - war es genau umgekehrt angedacht: Die Möglichkeit der Polygamie sollte z.B. verwitweten Frauen Schutz bieten. Quasi eine Art Sozialversicherung. Der Gedanke war also zumindest für die damalige Zeit sehr fortschrittlich. Aber wer fragt jemals danach?Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Studiums lautet: Im Islam gibt es Für und Wider wie in allen Religionen, und vor allem gibt es nicht "DEN" Islam, wie er gerne von westlichen Gesellschaften bezeichnet wird. Es gibt unzählige verschiedene Richtungen mit verschiedenen Glaubensauffassungen, die sich teils fremd oder gar verfeindet sind. Dies zu akzeptieren, ist wichtig für einen vorurteilsfreien Umgang mit Muslimen - ganz gleich ob hier oder im Ausland.
FAZIT
Orientalistik, ganz gleich ob als reine Orientalistik oder auch mit islamwissenschaftlichem (religiösem) oder arabistischem (sprachlichem) Schwerpunkt, ist ein facettenreiches und wertvolles Fach, dessen Bedeutung gerade in den letzten Jahren zugenommen hat. Mit dem 11. September setzte ein großer Zulauf ein (welcher durch die Abschaffung des Faches in Frankfurt abrupt abgebrochen wurde): Mehr Menschen möchten mehr über den Islam erfahren. Mehr Menschen möchten Arabisch lernen, da Nordafrika, Naher und Mittlerer Osten auch weiterhin beliebte Reiseziele bleiben und die Golfstaaten durch ihren rasanten wirtschaftlichen Aufstieg eine neue Façon orientalischer Faszination ausstrahlen. Nicht zuletzt stellen die genannten geistigen Erbe (also etwa Mathematik, Medizin, Philosophie) eine bedeutende Basis für verschiedene Wissenschaften dar.
UNSERE BIBLIOTHEK
Um Argumente gegen den Umzug hier auszuklammern, denn Argumente sind in den Beiträgen reichlich genannt: Unsere Bibliothek ist meist ein Ort der Ruhe, im Gegensatz zu den größeren Lesesälen der Universität. Deshalb lernt man hier zeitweise auch für andere Fächer. Zugegeben ist sie wegen dem Alter des Gebäudes und dessen allgemeinem Zustand nicht der idyllischste Ort auf dem Campus, jedoch ein wenig gemütlich und umgeben von einer Atmosphäre, die man nach dem möglichen Umzug sicher vermissen würde.
DIE POLITIK DER ZENTRENBILDUNG
Unsere Bemühungen drehen sich derzeit lediglich um die Bibliothek der Orientalistik, um den uns zugesicherten Abschluss des Studiums bis 2009/10 erreichen zu können. Dazu gibt es auf unserem Blog reichlich Informationen in Form von Pressemitteilungen und -berichten. Dennoch ist es wichtig, an dieser Stelle noch einmal einige Worte allgemein zur Zentren-Bildung zu erwähnen:Über den Sinn von wenigen (Orient-)Zentren, welche die Kräfte einer Region bündeln sollen, wurde bereits viel geschrieben. Die unter Lehrenden und Studierenden weit verbreiteten Ansichten sind dabei klar: Universitäten dürfen nicht zu Bildungsmärkten in Massenfächern verkommen, sondern sollen die Lehre in ihrer Breite beibehalten. Denn sind es nicht gerade die "exotischen" Fächer, die einer Universität das Besondere verleihen? Die eine Universität, einen "Ort des Wissens" erst zu diesem machen? Leider sehen das die sich vermehrt ins Universitätsleben einmischenden international agierenden Firmen und vor allem die Universitätsleitungen mit anderen Augen. Sind nicht gerade die Nebenkompetenzen, die man in diesen Fächern gewinnen kann, heute so sehr gefragt? Unternehmen reicht es schon lange nicht mehr, wenn Bewerber mit Englisch als einziger Fremdsprache daher kommen oder Studenten einfach ein BWL- oder Politikwissenschaftsstudium mit einer guten Note abschließen, ohne daneben weiter reichende Qualifikationen erworben zu haben. Deshalb ist es mehr denn je erstrebenswert, sich im Studium einen - oder auch mehrere - regionale und sprachliche Schwerpunkte setzen zu können. Ob das Indien, China oder eben ein orientalischer ist, steht dann im eigenen Interesse. Denn jegliche kulturelle Kompetenz ist eine wertvolle, Basis für konstruktive Dialoge und Gedanken, die über einen gewissen Horizont hinausgehen. Durch Zentrenbildungen wird man in seiner persönlichen Studienwahl weiter eingeschränkt, als es sowieso schon wegen Wohnmöglichkeiten, Studienordnungen und aus anderen studientechnischen Gründen der Fall ist. Viele Studierende müssen einen Kompromiss eingehen - gehe ich an das Zentrum meines Wunschfaches und gebe mich mit anderen Haupt-/Nebenfächern zufrieden - oder lasse ich aufgrund möglicherweise besserer Berufschancen in einem anderen Fach, zwecks Wohnungsnähe meinen Traum vom Studium des Faches verfliegen? Jungen Menschen diese Entscheidungen zu erschweren ist ein unbedachtes Vergehen gegen talentierten Nachwuchs einer Generation, die es in all diesen Punkten zu fördern gilt. Deutschland war immer eine Nation von herausragender Hochschulbildung. Nicht umsonst können wir uns auch in diesem Jahr wieder über Nobelpreisträger freuen, nicht umsonst kommen so viele Studenten aus anderen Ländern zu uns. Wir haben eine hoch qualifizierte Lehre, eine breite Lehre – und besonders: eine freie und kritische Lehre. Das alles sollte man nicht aufgeben in der Gier nach einem Platz unter den Top-Universitäten der Welt. Studenten sind keine Kunden, sondern die Gesellschaft von morgen! Schließlich sollte es in Frankfurt, der Stadt, die sich so gerne als Vorbild von Multikulturalität und Integration bezeichnet, eine Selbstverständlichkeit sein, Kulturwissenschaften in einer großen Varietät studieren zu können.Die Orientalistik ist – wie alle gelehrten Fächer – ein wertvolles Studium, welches in jedem Fall erhaltens- und fördernswert sein sollte.
JAN K.
Stellungnahme von Prof. Daiber gegenüber dem Präsidium der Goethe-Uni
Sehr geehrter Herr Präsident, die Pläne der Johann Wolfgang Goethe-Universität, sich in eine Stiftungsuniversität umzuwandeln und die angestrebte Neuprofilierung der Universität im Rahmen von geisteswissenschaftlichen Zentrenbildungen haben mich zu vorliegendem Brief veranlasst.
Es stellt sich zunehmend heraus, dass die schwerpunktmäßige Verlagerung der Orientalistik nach Marburg das wissenschaftliche Profil der in Frankfurt vorhandenen Fächer erheblich zu beeinträchtigen droht; orientalistische Lehrveranstaltungen, beschränkt auf Sprache und Literatur, sollen weder für die neu eingerichtete Studienrichtung Empirische Sprachwissenschaft noch für die neu eingerichtete Studienrichtung Islamische Religionswissenschaft in der Theologischen Fakultät angeboten werden.
Diese Verbannung Orientalischer Philologie, mit den Schwerpunkten Sprache und Literatur des Arabischen, Persischen und Syrisch-Aramäischen, aus dem Angebot der Frankfurter Universität ist kontraproduktiv und im globalen Zeitalter schlichtweg nicht akzeptabel. Sie vernichtet die Voraussetzung für grenzüberschreitende Tätigkeiten der vorhandenen Fächer, auch der Fächer außerhalb der früheren Philosophischen Fakultät. Schwerpunkte der Frankfurter Universität, die ihr besonderes Ansehen etwa auf dem Gebiet der Geschichte, insbesondere der Wissenschaftsgeschichte verschafft haben, aber auch ein neu eingerichtetes Zentrum wie die Ostasienwissenschaften sollten gegebenenfalls auf ein Minimum orientalistischen Lehrangebots, nämlich zu Sprache und Literatur, zurückgreifen können. Arabische Sprache und Literatur wird auch von den Muslimen in Indien, Südostasien und China gepflegt und hat dort Kulturen und deren Sprachen geprägt.
Besonders gravierend droht der Wegfall Orientalischer Philologie für die Judaistik der Frankfurter Universität zu werden. Das Fach Judaistik, das im Rahmen der Zentrenbildung zum Schwerpunkt der Frankfurter Universität gemacht worden ist, kann nicht auf arabische Sprache und Literatur verzichten, sofern es sich auf die Begegnung des Judentums mit dem Islam vor allem im Mittelalter konzentriert. Der Beitrag arabisch-islamischer Literatur und Kultur zur Formung von Theologie, Philosophie und Wissenschaften im jüdischen Mittelalter ist ein Gebiet, das von eminenter Bedeutung auch für die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Judentum und Islam ist. Wer sich mit dem jüdischen Gelehrten Maimonides aus dem 12./13. Jh. beschäftigt, wird dies nicht ohne Kenntnis arabischer Literatur, etwa zur Theologie, Philosophie und Medizin, tun können.
Die Bedeutung der Orientalischen Philologie für die Judaistik ist bereits von den Gründern der Frankfurter Universität erkannt worden. Der aus Frankfurt stammende und 1865 nach Amerika emigrierte jüdische Bankier Jakob Heinrich Schiff (1847-1920), der zu den Gründern der Frankfurter Universität gehört und dessen Name heute noch eine Straße in Eschersheim trägt, stiftete am 15. Juli 1913 einen „ordentlichen Lehrstuhl für Semitische Philologie mit Berücksichtigung der targumischen und talmudischen Literatur an der in Frankfurt am Main zu begründenden Universität, und, falls nach dessen Dotierung noch aus den Jahreszinsen ein Betrag verfügbar ist, etwaiger dem Lehrstuhl angegliederter Institute oder Einrichtungen“. Im Vorfeld war in der von dem Rabbiner M. Rahmer gegründeten Zeitschrift Jüdisches Litteratur-Blatt Jg. 33, 1911, S. 49-54) von H. Bahr bereits die Notwendigkeit eines Lehrstuhls für talmudische Forschung an der geplanten Frankfurter Universität diskutiert worden, allerdings als Hilfe für die Auslegung des in jüdischer Umgebung entstandenen Neuen Testaments. Diese Diskussion wird später, in er Stellungnahme dahingehend präzisiert, daß die zu gewinnende Person für den Lehrstuhl jemand sein müsse, „der mit dem innersten Geiste dieser (sc. talmudischen) Überlieferungen womöglich durch eine rabbinische Erziehung vertraut und doch in strengem Sinne Semitist ist, so dass er, woran es in jenen dilettantischen Bemühungen zumeist fehlt, neben dem Hebräischen auch die übrigen semitischen Sprachen, vor allem das Arabische und Syrische wirklich beherrscht“.
Dieser von Schiff gegründete Lehrstuhl ist der Beginn der Orientalistik in Frankfurt, die in der Person von Josef Horovitz (geb.1874) bereits einen namhaften Vertreter hatte. Horovitz baute das Frankfurter Orientalische Seminar auf, dessen Direktor er von 1915 bis zu seinem vorzeitigen Tod 1931 er gewesen ist. Horovitz ist bekannt geworden vor allem durch seine arabischen Editionen einer Prophetenbiographie und durch seine Untersuchungen zum Koran und dessen jüdischen Hintergrund. Er arbeitete an einer Konkordanz zur altarabischen Poesie, ein Projekt, das lange nach seinem Tode, auch mit Beteiligung des Frankfurter Orientalischen Seminars abgeschlossen wurde und 1999 im Druck erschien.
Bei Horovitz habilitierte sich 1931 der Orientalist Martin Plessner (1900-1973) für Semitische Philologie und Islamkunde; er hielt im selben Jahr seine Antrittsvorlesung zur Erlangung der venia legendi über „Die Geschichte der Wissenschaften im Islam als Aufgabe der modernen Islamwissenschaft“, damit eine Idee vorwegnehmend, die heute in dem Frankfurter, von Fuat Sezgin 1982 gegründeten und durch eine Stiftung arabischer Länder finanzierten Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften verwirklicht worden ist. Die Geschichte der Wissenschaften, unter Einbeziehung des Arabischen, das er neben dem Chinesischen beherrschte, war das Spezialgebiet des 1905 geborenen und 1981 verstorbenen Willy Hartner, der nach dem 2. Weltkrieg 1946 zum Ordinarius für Geschichte der Naturwissenschaften ernannt wurde. Sein Nachfolger wurde 1985 David King (geb. 1941), dessen Schwerpunkt die islamische Astronomie und islamische astronomische Instrumente ist. Mit dessen Ausscheiden wurde seine Stelle aufgehoben.
Parallel zu dieser wissenschaftshistorischen Tradition finden wir im Frankfurter orientalistischen Wissenschaftsbetrieb in der Person von Gotthold Weil (1992-1960) einen Vetreter der sprachhistorischen und literaturgeschichtlichen Forschung. Weil ist der Nachfolger von J. Horovitz und hatte von 1931 bis 1935, bis zu seiner Emigration nach Palästina, dessen Stelle inne. Nach Weil wurde die Stiftungsprofessur für „Semitische Philologie“ unter der Naziherrschaft und infolge der Kriegswirren nicht mehr besetzt; wir erfahren lediglich von einem Lehrauftrag für Arabisch und Islamkunde, den J. Fück im Jahr 1936 wahrgenommen hat. Im Jahre 1939 wurde das Stiftungsvermögen der Allgemeinen Hochschulstiftung, der Dr. Adolf Varrentrapp-Stiftung zugeführt.
Doch 1950 kam in der Person von Hellmut Ritter (1892-1971) ein international renommierter Orientalist und Kenner der arabisch-persisch-türkischen Philologie, der sich besonders um die Erschließung arabischer und persischer Literatur durch Handschriftenkataloge, Editionen und Übersetzungen verdient gemacht hat. Er brachte seine noch heute einzigartige Sammlung von etwa 5000 Bänden hauptsächlich arabischer und persischer, aber auch türkischer Werke aus Istanbul mit, wo er seit 1926 als Leiter der Zweigstelle der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft gewirkt
hatte. Eine Zerschlagung dieser Bibliothek und ein Teiltransfer nach Marburg ist daher nicht annehmbar.
Nach Ritters Emeritierung im Jahre 1956 folgte ihm auf dem Lehrstuhl Rudolf Sellheim (geb. 1928), dessen Hauptwerk die Katalogisierung und Auswertung arabischer Handschriften für die Literaturgeschichte ist. Ihm folgte 1995 Unterzeichneter (geb. 1942), der sich gleichfalls mit der Katalogisierung arabischer Handschriften beschäftigte, sich in seinen Arbeiten auf die Rolle des Islam zwischen Antike und Mittelalter konzentrierte und einem Urteil von Martin Plessner zufolge in seiner Dissertation (1967; gedruckt 1980) die griechisch-arabische Übersetzungsliteratur als Quelle für die griechische Sprachgeschichte entdeckt hat; er gibt die Reihe „Aristoteles Semitico-Latinus“ über das Fortleben des aristotelischen corpus in arabischer, syrischer, hebräischer und arabisch-lateinischer Überlieferung (seit 1975, 19 Bände) sowie die Reihe „Islamic Philosophy, Theology and Science. Texts and Studies“ (seit 1982, 73 Bände) heraus.
Der vorausgehenden Übersicht kann der Leser unschwer Richtungen der Frankfurter Orientalistik entnehmen, die dem Komplex Judentum-Islam (Horovitz, Weil, Daiber) zuzuordnen sind oder der arabischen Sprachgeschichte (Weil, Daiber) oder der Literaturgeschichte (Horovitz, Ritter, Sellheim, Sezgin, Daiber) oder der arabisch-islamischen Wissenschaftsgeschichte (Plessner, Hartner, King, Sezgin, Daiber) und der islamischen Philosophie und Theologie (Daiber).
Die genannten Richtungen setzen die Erschließung und das Studium arabischer Dokumente voraus, das heißt einen Aspekt der Orientalistik, der in dieser Komplexität nicht von einer Universität bewältigt werden kann, die sich auf islamische Geschichte, Religion oder die heutige islamische Welt konzentriert.
Vor allem aber ist das Studium der Islamischen Religionswissenschaft in der Theologischen Fakultät der Frankfurter Universität nicht ohne eine solide Kenntnis arabischer Sprache und Literatur möglich.
Ferner ist es völlig anachronistisch, in der Frankfurter Universität ein Fach Empirische Sprachwissenschaft anzubieten, das orientalische Sprachen ausschließt.
Der wichtigste Grund ist aber die aus der oben skizzierten Geschichte der Disziplin erwiesene Tatsache, dass die Judaistik in ihrem schwerpunktmäßigen Ausbau nicht auf arabische Sprache und Literatur verzichten kann, auch und vor allem dann, wenn es um Aspekte des Sprach- und Kulturaustausches zwischen Judentum und Islam geht.
Die genannten Aspekte rechtfertigen das wissenschaftsgeschichtlich erwiesene und wissenschaftstheoretisch notwendige Wiederaufleben einer alten Frankfurter jüdischen Stiftung, des von Jakob Heinrich Schiff 1913 gestifteten Lehrstuhls für semitische Philologie, wobei entsprechend dem Profil der Frankfurter Orientalistik dieser Lehrstuhl sich auf Orientalische Philologie konzentrieren muß, mit besonderer Berücksichtigung arabischer Sprache und Literatur.
Eine Einbettung dieses Lehrstuhls in die Studienrichtung der empirischen Sprachwissenschaft und dessen Funktion für die vergleichende Sprachbetrachtung, für die Judaistik, für die Islamische Religionswissenschaft und für historische Fächer, etwa Wissenschaftsgeschichte, widersprechen nicht dem Ziel einer Zentrenbildung. Denn die in Frankfurt angestrebte philologische Akzentuierung der Orientalistik dient den Schwerpunkten der Frankfurter Universität.
Die optimale Gestaltung dieser Schwerpunkte der Frankfurter Universität, insbesondere der Judaistik, darf nicht den Interessen der Marburger Universität geopfert werden. Das ist die Frankfurter Universität ihrem Ruf schuldig, aber auch ihrer Tradition als einstige und zukünftige Stifteruniversität und vor allem aber ihrem Namenspatron, Johann Wolfgang von Goethe, der in seinem West-östlichen Diwan sagte: „Wer sich selbst und andere kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“.
Ich bitte Sie daher im Interesse der Frankfurter Universität, ihres Profils und ihres Ansehens dringend, meinen Vorschlag ernst zu nehmen, die orientalistische Professur mit dem Profil Orientalische Philologie, mit besonderer Berücksichtigung arabischer Sprache und Literatur wiederzubesetzen.
Prof. Dr. Hans Daiber, Orientalisches Seminar Frankfurt
Es stellt sich zunehmend heraus, dass die schwerpunktmäßige Verlagerung der Orientalistik nach Marburg das wissenschaftliche Profil der in Frankfurt vorhandenen Fächer erheblich zu beeinträchtigen droht; orientalistische Lehrveranstaltungen, beschränkt auf Sprache und Literatur, sollen weder für die neu eingerichtete Studienrichtung Empirische Sprachwissenschaft noch für die neu eingerichtete Studienrichtung Islamische Religionswissenschaft in der Theologischen Fakultät angeboten werden.
Diese Verbannung Orientalischer Philologie, mit den Schwerpunkten Sprache und Literatur des Arabischen, Persischen und Syrisch-Aramäischen, aus dem Angebot der Frankfurter Universität ist kontraproduktiv und im globalen Zeitalter schlichtweg nicht akzeptabel. Sie vernichtet die Voraussetzung für grenzüberschreitende Tätigkeiten der vorhandenen Fächer, auch der Fächer außerhalb der früheren Philosophischen Fakultät. Schwerpunkte der Frankfurter Universität, die ihr besonderes Ansehen etwa auf dem Gebiet der Geschichte, insbesondere der Wissenschaftsgeschichte verschafft haben, aber auch ein neu eingerichtetes Zentrum wie die Ostasienwissenschaften sollten gegebenenfalls auf ein Minimum orientalistischen Lehrangebots, nämlich zu Sprache und Literatur, zurückgreifen können. Arabische Sprache und Literatur wird auch von den Muslimen in Indien, Südostasien und China gepflegt und hat dort Kulturen und deren Sprachen geprägt.
Besonders gravierend droht der Wegfall Orientalischer Philologie für die Judaistik der Frankfurter Universität zu werden. Das Fach Judaistik, das im Rahmen der Zentrenbildung zum Schwerpunkt der Frankfurter Universität gemacht worden ist, kann nicht auf arabische Sprache und Literatur verzichten, sofern es sich auf die Begegnung des Judentums mit dem Islam vor allem im Mittelalter konzentriert. Der Beitrag arabisch-islamischer Literatur und Kultur zur Formung von Theologie, Philosophie und Wissenschaften im jüdischen Mittelalter ist ein Gebiet, das von eminenter Bedeutung auch für die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Judentum und Islam ist. Wer sich mit dem jüdischen Gelehrten Maimonides aus dem 12./13. Jh. beschäftigt, wird dies nicht ohne Kenntnis arabischer Literatur, etwa zur Theologie, Philosophie und Medizin, tun können.
Die Bedeutung der Orientalischen Philologie für die Judaistik ist bereits von den Gründern der Frankfurter Universität erkannt worden. Der aus Frankfurt stammende und 1865 nach Amerika emigrierte jüdische Bankier Jakob Heinrich Schiff (1847-1920), der zu den Gründern der Frankfurter Universität gehört und dessen Name heute noch eine Straße in Eschersheim trägt, stiftete am 15. Juli 1913 einen „ordentlichen Lehrstuhl für Semitische Philologie mit Berücksichtigung der targumischen und talmudischen Literatur an der in Frankfurt am Main zu begründenden Universität, und, falls nach dessen Dotierung noch aus den Jahreszinsen ein Betrag verfügbar ist, etwaiger dem Lehrstuhl angegliederter Institute oder Einrichtungen“. Im Vorfeld war in der von dem Rabbiner M. Rahmer gegründeten Zeitschrift Jüdisches Litteratur-Blatt Jg. 33, 1911, S. 49-54) von H. Bahr bereits die Notwendigkeit eines Lehrstuhls für talmudische Forschung an der geplanten Frankfurter Universität diskutiert worden, allerdings als Hilfe für die Auslegung des in jüdischer Umgebung entstandenen Neuen Testaments. Diese Diskussion wird später, in er Stellungnahme dahingehend präzisiert, daß die zu gewinnende Person für den Lehrstuhl jemand sein müsse, „der mit dem innersten Geiste dieser (sc. talmudischen) Überlieferungen womöglich durch eine rabbinische Erziehung vertraut und doch in strengem Sinne Semitist ist, so dass er, woran es in jenen dilettantischen Bemühungen zumeist fehlt, neben dem Hebräischen auch die übrigen semitischen Sprachen, vor allem das Arabische und Syrische wirklich beherrscht“.
Dieser von Schiff gegründete Lehrstuhl ist der Beginn der Orientalistik in Frankfurt, die in der Person von Josef Horovitz (geb.1874) bereits einen namhaften Vertreter hatte. Horovitz baute das Frankfurter Orientalische Seminar auf, dessen Direktor er von 1915 bis zu seinem vorzeitigen Tod 1931 er gewesen ist. Horovitz ist bekannt geworden vor allem durch seine arabischen Editionen einer Prophetenbiographie und durch seine Untersuchungen zum Koran und dessen jüdischen Hintergrund. Er arbeitete an einer Konkordanz zur altarabischen Poesie, ein Projekt, das lange nach seinem Tode, auch mit Beteiligung des Frankfurter Orientalischen Seminars abgeschlossen wurde und 1999 im Druck erschien.
Bei Horovitz habilitierte sich 1931 der Orientalist Martin Plessner (1900-1973) für Semitische Philologie und Islamkunde; er hielt im selben Jahr seine Antrittsvorlesung zur Erlangung der venia legendi über „Die Geschichte der Wissenschaften im Islam als Aufgabe der modernen Islamwissenschaft“, damit eine Idee vorwegnehmend, die heute in dem Frankfurter, von Fuat Sezgin 1982 gegründeten und durch eine Stiftung arabischer Länder finanzierten Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften verwirklicht worden ist. Die Geschichte der Wissenschaften, unter Einbeziehung des Arabischen, das er neben dem Chinesischen beherrschte, war das Spezialgebiet des 1905 geborenen und 1981 verstorbenen Willy Hartner, der nach dem 2. Weltkrieg 1946 zum Ordinarius für Geschichte der Naturwissenschaften ernannt wurde. Sein Nachfolger wurde 1985 David King (geb. 1941), dessen Schwerpunkt die islamische Astronomie und islamische astronomische Instrumente ist. Mit dessen Ausscheiden wurde seine Stelle aufgehoben.
Parallel zu dieser wissenschaftshistorischen Tradition finden wir im Frankfurter orientalistischen Wissenschaftsbetrieb in der Person von Gotthold Weil (1992-1960) einen Vetreter der sprachhistorischen und literaturgeschichtlichen Forschung. Weil ist der Nachfolger von J. Horovitz und hatte von 1931 bis 1935, bis zu seiner Emigration nach Palästina, dessen Stelle inne. Nach Weil wurde die Stiftungsprofessur für „Semitische Philologie“ unter der Naziherrschaft und infolge der Kriegswirren nicht mehr besetzt; wir erfahren lediglich von einem Lehrauftrag für Arabisch und Islamkunde, den J. Fück im Jahr 1936 wahrgenommen hat. Im Jahre 1939 wurde das Stiftungsvermögen der Allgemeinen Hochschulstiftung, der Dr. Adolf Varrentrapp-Stiftung zugeführt.
Doch 1950 kam in der Person von Hellmut Ritter (1892-1971) ein international renommierter Orientalist und Kenner der arabisch-persisch-türkischen Philologie, der sich besonders um die Erschließung arabischer und persischer Literatur durch Handschriftenkataloge, Editionen und Übersetzungen verdient gemacht hat. Er brachte seine noch heute einzigartige Sammlung von etwa 5000 Bänden hauptsächlich arabischer und persischer, aber auch türkischer Werke aus Istanbul mit, wo er seit 1926 als Leiter der Zweigstelle der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft gewirkt
hatte. Eine Zerschlagung dieser Bibliothek und ein Teiltransfer nach Marburg ist daher nicht annehmbar.
Nach Ritters Emeritierung im Jahre 1956 folgte ihm auf dem Lehrstuhl Rudolf Sellheim (geb. 1928), dessen Hauptwerk die Katalogisierung und Auswertung arabischer Handschriften für die Literaturgeschichte ist. Ihm folgte 1995 Unterzeichneter (geb. 1942), der sich gleichfalls mit der Katalogisierung arabischer Handschriften beschäftigte, sich in seinen Arbeiten auf die Rolle des Islam zwischen Antike und Mittelalter konzentrierte und einem Urteil von Martin Plessner zufolge in seiner Dissertation (1967; gedruckt 1980) die griechisch-arabische Übersetzungsliteratur als Quelle für die griechische Sprachgeschichte entdeckt hat; er gibt die Reihe „Aristoteles Semitico-Latinus“ über das Fortleben des aristotelischen corpus in arabischer, syrischer, hebräischer und arabisch-lateinischer Überlieferung (seit 1975, 19 Bände) sowie die Reihe „Islamic Philosophy, Theology and Science. Texts and Studies“ (seit 1982, 73 Bände) heraus.
Der vorausgehenden Übersicht kann der Leser unschwer Richtungen der Frankfurter Orientalistik entnehmen, die dem Komplex Judentum-Islam (Horovitz, Weil, Daiber) zuzuordnen sind oder der arabischen Sprachgeschichte (Weil, Daiber) oder der Literaturgeschichte (Horovitz, Ritter, Sellheim, Sezgin, Daiber) oder der arabisch-islamischen Wissenschaftsgeschichte (Plessner, Hartner, King, Sezgin, Daiber) und der islamischen Philosophie und Theologie (Daiber).
Die genannten Richtungen setzen die Erschließung und das Studium arabischer Dokumente voraus, das heißt einen Aspekt der Orientalistik, der in dieser Komplexität nicht von einer Universität bewältigt werden kann, die sich auf islamische Geschichte, Religion oder die heutige islamische Welt konzentriert.
Vor allem aber ist das Studium der Islamischen Religionswissenschaft in der Theologischen Fakultät der Frankfurter Universität nicht ohne eine solide Kenntnis arabischer Sprache und Literatur möglich.
Ferner ist es völlig anachronistisch, in der Frankfurter Universität ein Fach Empirische Sprachwissenschaft anzubieten, das orientalische Sprachen ausschließt.
Der wichtigste Grund ist aber die aus der oben skizzierten Geschichte der Disziplin erwiesene Tatsache, dass die Judaistik in ihrem schwerpunktmäßigen Ausbau nicht auf arabische Sprache und Literatur verzichten kann, auch und vor allem dann, wenn es um Aspekte des Sprach- und Kulturaustausches zwischen Judentum und Islam geht.
Die genannten Aspekte rechtfertigen das wissenschaftsgeschichtlich erwiesene und wissenschaftstheoretisch notwendige Wiederaufleben einer alten Frankfurter jüdischen Stiftung, des von Jakob Heinrich Schiff 1913 gestifteten Lehrstuhls für semitische Philologie, wobei entsprechend dem Profil der Frankfurter Orientalistik dieser Lehrstuhl sich auf Orientalische Philologie konzentrieren muß, mit besonderer Berücksichtigung arabischer Sprache und Literatur.
Eine Einbettung dieses Lehrstuhls in die Studienrichtung der empirischen Sprachwissenschaft und dessen Funktion für die vergleichende Sprachbetrachtung, für die Judaistik, für die Islamische Religionswissenschaft und für historische Fächer, etwa Wissenschaftsgeschichte, widersprechen nicht dem Ziel einer Zentrenbildung. Denn die in Frankfurt angestrebte philologische Akzentuierung der Orientalistik dient den Schwerpunkten der Frankfurter Universität.
Die optimale Gestaltung dieser Schwerpunkte der Frankfurter Universität, insbesondere der Judaistik, darf nicht den Interessen der Marburger Universität geopfert werden. Das ist die Frankfurter Universität ihrem Ruf schuldig, aber auch ihrer Tradition als einstige und zukünftige Stifteruniversität und vor allem aber ihrem Namenspatron, Johann Wolfgang von Goethe, der in seinem West-östlichen Diwan sagte: „Wer sich selbst und andere kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“.
Ich bitte Sie daher im Interesse der Frankfurter Universität, ihres Profils und ihres Ansehens dringend, meinen Vorschlag ernst zu nehmen, die orientalistische Professur mit dem Profil Orientalische Philologie, mit besonderer Berücksichtigung arabischer Sprache und Literatur wiederzubesetzen.
Prof. Dr. Hans Daiber, Orientalisches Seminar Frankfurt
Dienstag, 6. November 2007
Kommentar von Anna Willich (Orientalistik-Studentin)
"Schon 2009/2010 würden die neuen Zentren evaluiert, daher müsse gehandelt werden." Dies ist der wahrscheinlich entscheidenste Satz. Darauf wurden wir Studenten auch in der Senatssitzung hingewiesen. Wichtig für die Entscheidung der Verlegung ist nicht, ob Studenten angemessen studieren können (Bücher wären da wohl eine Grundvoraussetzung), sondern der Ruf eines neu gegründeten Zentrums. Aber nicht nur das neue Orient-Zentrum in Marburg wird 2009/2010 einer Bewertung unterzogen, sondern auch wir, die Studenten der Orientalistik Frankfurt. Und es wäre mir äußerst unangenehm, wenn ich in dieser Bewertung, also meiner Magisterprüfung zugeben müsste: "Ein paar Bücher habe ich gelesen. Halt die, die da waren. In Marburg war ich leider nicht so oft, um die für meine Begriffe wichtige Literatur zu besorgen, weil ich arbeiten musste, um 750 Euro Studiengebühren zahlen zu können (Wieviele Bücher hätte ich davon wohl kaufen können???). Noch ein Semester dran hängen geht auch nicht, da das Institut geschlossen wird...." Das wäre unangenehm. Nicht nur für mich, sondern auch für eine Universität, die Studenten zu so einer Halbbildung zwingt und damit in die Arbeitswelt entlässt!!!!!
Anna Willich
LEST BITTE AUSSERDEM DEN KOMMENTAR ZUM LESERBRIEF
VON DR. AGNES KORN!
Freitag, 2. November 2007
FR, 01.11.2007 (Leserbrief Dr. Agnes Korn)
http://fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/frankfurt/?em_cnt=1236959&sid=9f90974c149a64dbb6cb0521639987d5
"Uni-Sprecher Olaf Kaltenborn" wird mit der Aussage zitiert, vom Abzug der iranistischen Teile der Orientalistik-Bibliothek sei "fast kein Student oder Wissenschaftler betroffen". Diese Meinung zeigt einen geringen Informiertheitsgrad über die an der Universität Frankfurt geleistete Forschung und Lehre. Durch den Abzug würden folgende Personen direkt eingeschränkt: der im Bericht erwähnte Forschungsmitarbeiter Dr. Zakeri; der Lektor für Persisch, Dr. Eschraghi, und die etwa 60 Studierenden seiner Kurse; T. Jügel, M.A., Stipendiat des Graduiertenkollegs "Satzarten", der seine Doktorarbeit im iranistischen Bereich schreibt, und die TeilnehmerInnen seiner iranistischen Lehrveranstaltungen; die WissenschaftlerInnen der Vergleichenden Sprachwissenschaft, Prof. Dr. Gippert und ich, die wir schwerpunktmäßig über Iranistik forschen sowie die Studierenden dieser Kurse; auch die Turkologen und Religionswissenschaftler sind auf die Bestände der orientalistischen Bibliothek angewiesen. Der geplante Bibliotheks-Umzug zeigt die Fragwürdigkeit von Planungen ohne Einbeziehung der Betroffenen.
Agnes Korn, Frankfurt
"Uni-Sprecher Olaf Kaltenborn" wird mit der Aussage zitiert, vom Abzug der iranistischen Teile der Orientalistik-Bibliothek sei "fast kein Student oder Wissenschaftler betroffen". Diese Meinung zeigt einen geringen Informiertheitsgrad über die an der Universität Frankfurt geleistete Forschung und Lehre. Durch den Abzug würden folgende Personen direkt eingeschränkt: der im Bericht erwähnte Forschungsmitarbeiter Dr. Zakeri; der Lektor für Persisch, Dr. Eschraghi, und die etwa 60 Studierenden seiner Kurse; T. Jügel, M.A., Stipendiat des Graduiertenkollegs "Satzarten", der seine Doktorarbeit im iranistischen Bereich schreibt, und die TeilnehmerInnen seiner iranistischen Lehrveranstaltungen; die WissenschaftlerInnen der Vergleichenden Sprachwissenschaft, Prof. Dr. Gippert und ich, die wir schwerpunktmäßig über Iranistik forschen sowie die Studierenden dieser Kurse; auch die Turkologen und Religionswissenschaftler sind auf die Bestände der orientalistischen Bibliothek angewiesen. Der geplante Bibliotheks-Umzug zeigt die Fragwürdigkeit von Planungen ohne Einbeziehung der Betroffenen.
Agnes Korn, Frankfurt
Dienstag, 30. Oktober 2007
FR, 30.10.2007
URL: http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/campus/?em_cnt=1235333
Asta stützt Orientalisten
"Schade für die Uni"
Asta stützt Orientalisten
"Schade für die Uni"
Die geplante Verlegung großer Teile der Orientalistik-Bibliothek von der Frankfurter Goethe-Uni nach Marburg kritisiert der Allgemeine Studierenden-Ausschuss (Asta) scharf."Mit der Amputation einzelner Bibliotheken wird der gesamten Johann Wolfgang Goethe-Universität Schaden zugefügt", sagt die Asta-Vorsitzende Anja Engelhorn. "Die Orientalistik ist relevant für die gesamten sprach-, kultur-, geschichts- und religionswissenschaftlichen Disziplinen." lem
AStA-Stellungnahme
Verbesserung der Studienbedingungen? – Orientalistik fortan ohne Literatur
Erst jüngst wurde dem AStA der Johann Wolfgang Goethe-Universität bekannt, dass Anfang der vergangenen Woche das Präsidium der Universität die Verlagerung der Hauptbestände der
Orientbibliothek bereits diesen November anstrebt. Der AStA hält dies für nicht hinnehmbar.
Bis zum Jahr 2010 war den derzeitigen Studierenden der Orientalistik verbindlich zugesichert worden, ihr Studium problemlos zu Ende führen zu können. Daher wurden erst im vergangenen Jahr, auf den Protest der Studierenden hin, dem Seminar weitere Mitarbeiter zugestanden. „Doch auch diese können weder Lehre, noch Forschung aufrecht erhalten, wird ihnen die Grundlage ihrer Arbeit, die Bücher, entzogen.“, beklagt AStA-Vorsitzende Anja Engelhorn die Vorgehensweise der Verantwortlichen.
Der stellvertretende Universitätspräsident Ebsen betonte hingegen vor dem Senat, „bloß unwichtige Bestände“ würden verlagert. „Diese Aussage ist in keiner Weise nachvollziehbar: Es handelt sich um etwa Zweidrittel der gesamten Bestände der Orientalistik und beispielsweise die gesamten Arabischen Texte.“, korrigiert AStA-Referent für Hochschulpolitik David Malcharczyk. „Wieder bagatellisiert das Präsidium ihr unverantwortliches Fehlverhalten. Uns erwartet die Absurdität einer Orientalistik ohne orientalische Literatur.“
„Mit der Amputation einzelner Bibliotheken wird der gesamten Universität Schaden zugefügt.“, gibt Engelhorn zu bedenken. „Die Orientalistik ist relevant für die gesamten sprach-, kultur-, geschichts- und religionswissenschaftlichen Disziplinen.“ Daher reden Dekane all dieser Fachbereiche gegen den Umzug. Die im orientalistischen Seminar Beschäftigten sprechen mittlerweile von einem Berufsverbot. Berechtigter Weise; weder Lehre noch Forschung wird nach AStA-Einschätzung weiterhin möglich, sollte der Umzug vollzogen werden.
Das Verständnis des Vizepräsidenten Ebsen für die Studierenden zeigen seine Statements im Senat. Nach seiner Ansicht bedarf ein Hauptstudium weniger Bücher als die Grundlagenschaffung. Wer solche Aussagen tätigt, sollte fortan nicht mehr von guter, geschweige denn exzellenter wissenschaftlicher Arbeit reden dürfen.
Ohnehin empfindet der AStA die geisteswissenschaftliche Zentrenbildung in deren Rahmen die Frankfurter Bestände nach Marburg transferiert werden sollen, als äußerst problematisch. Interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Hochschule wird somit über die Maße erschwert. Einen Beweis dafür, dass der Fortbestand der Orchideenfächer kein besonderes Anliegen bei diesen Bestrebungen sein kann, ist mit den derzeitigen Vorgängen offenbar geworden. Es handelt sich um ein nicht durchdachtes Konzept, welches die Orchideen der Hochschullandschaft verwelken lässt und nur Probleme mit sich bringt.
Am 08. November soll eine Senatskommission zusammenkommen, um die Problematik zu diskutieren. Der letzte Professor der Orientalistik Daiber hat dem Präsidium bereits nahegelegt den permanenten Verbleib der Bücherbestände vor Ort anzudenken. Diese Konsequenz ist die ausdrückliche Forderung des AStA. Die gewachsenen Strukturen der gesamten Universitätsbibliothek Frankfurt müssen bestehen bleiben. Interdisziplinarität bringt die Forschung weiter als jede vermeintliche Exzellenz.
Der AStA-Vorstand Anja Engelhorn und Anja Muhr
Erst jüngst wurde dem AStA der Johann Wolfgang Goethe-Universität bekannt, dass Anfang der vergangenen Woche das Präsidium der Universität die Verlagerung der Hauptbestände der
Orientbibliothek bereits diesen November anstrebt. Der AStA hält dies für nicht hinnehmbar.
Bis zum Jahr 2010 war den derzeitigen Studierenden der Orientalistik verbindlich zugesichert worden, ihr Studium problemlos zu Ende führen zu können. Daher wurden erst im vergangenen Jahr, auf den Protest der Studierenden hin, dem Seminar weitere Mitarbeiter zugestanden. „Doch auch diese können weder Lehre, noch Forschung aufrecht erhalten, wird ihnen die Grundlage ihrer Arbeit, die Bücher, entzogen.“, beklagt AStA-Vorsitzende Anja Engelhorn die Vorgehensweise der Verantwortlichen.
Der stellvertretende Universitätspräsident Ebsen betonte hingegen vor dem Senat, „bloß unwichtige Bestände“ würden verlagert. „Diese Aussage ist in keiner Weise nachvollziehbar: Es handelt sich um etwa Zweidrittel der gesamten Bestände der Orientalistik und beispielsweise die gesamten Arabischen Texte.“, korrigiert AStA-Referent für Hochschulpolitik David Malcharczyk. „Wieder bagatellisiert das Präsidium ihr unverantwortliches Fehlverhalten. Uns erwartet die Absurdität einer Orientalistik ohne orientalische Literatur.“
„Mit der Amputation einzelner Bibliotheken wird der gesamten Universität Schaden zugefügt.“, gibt Engelhorn zu bedenken. „Die Orientalistik ist relevant für die gesamten sprach-, kultur-, geschichts- und religionswissenschaftlichen Disziplinen.“ Daher reden Dekane all dieser Fachbereiche gegen den Umzug. Die im orientalistischen Seminar Beschäftigten sprechen mittlerweile von einem Berufsverbot. Berechtigter Weise; weder Lehre noch Forschung wird nach AStA-Einschätzung weiterhin möglich, sollte der Umzug vollzogen werden.
Das Verständnis des Vizepräsidenten Ebsen für die Studierenden zeigen seine Statements im Senat. Nach seiner Ansicht bedarf ein Hauptstudium weniger Bücher als die Grundlagenschaffung. Wer solche Aussagen tätigt, sollte fortan nicht mehr von guter, geschweige denn exzellenter wissenschaftlicher Arbeit reden dürfen.
Ohnehin empfindet der AStA die geisteswissenschaftliche Zentrenbildung in deren Rahmen die Frankfurter Bestände nach Marburg transferiert werden sollen, als äußerst problematisch. Interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Hochschule wird somit über die Maße erschwert. Einen Beweis dafür, dass der Fortbestand der Orchideenfächer kein besonderes Anliegen bei diesen Bestrebungen sein kann, ist mit den derzeitigen Vorgängen offenbar geworden. Es handelt sich um ein nicht durchdachtes Konzept, welches die Orchideen der Hochschullandschaft verwelken lässt und nur Probleme mit sich bringt.
Am 08. November soll eine Senatskommission zusammenkommen, um die Problematik zu diskutieren. Der letzte Professor der Orientalistik Daiber hat dem Präsidium bereits nahegelegt den permanenten Verbleib der Bücherbestände vor Ort anzudenken. Diese Konsequenz ist die ausdrückliche Forderung des AStA. Die gewachsenen Strukturen der gesamten Universitätsbibliothek Frankfurt müssen bestehen bleiben. Interdisziplinarität bringt die Forschung weiter als jede vermeintliche Exzellenz.
Der AStA-Vorstand Anja Engelhorn und Anja Muhr
Sonntag, 28. Oktober 2007
FR, 28.10.2007
Orientalisten kämpfen um Bibliothek
Studierende fürchten um Qualität der Lehre, wenn zehntausende Bücher nach Marburg umziehen
VON JUTTA MAIER -- Foto: Boeckheler
Mohsen Zakeri, Forschungsmitarbeiter des Orientalischen Seminars, zieht ein ebenso reich verziertes wie vergilbtes Buch aus dem Regal: einen Band der " Geschichte des osmanischen Reiches" von 1843. "Das sind Museumsstücke", sagt Zakeri und streicht über die Buchrücken, "so eine Bibliothek wie hier gibt es sonst nirgendwo auf der Welt."Lange werden diese Schätze nicht mehr in Frankfurt stehen. Denn wie am Orientalischen Seminar erst vorige Woche bekannt wurde, soll laut eines Briefes von Vize-Universitätsleiter Ingwer Ebsen bereits im Laufe des Novembers mit dem Transfer der 40 000 Bücher starken Frankfurter Bibliothek nach Marburg begonnen werden. Im Zuge der Bündelung von kleinen, geisteswissenschaftlichen Fächern in Zentren wird in Marburg ein Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien aufgebaut, in dem die hessische Orientforschung konzentriert wird. Im Gegenzug muss Marburg nach den Plänen der Landesregierung auf die Turkologie, die in Gießen bleibt, sowie auf die Frankfurter Judaistik verzichten. An der Goethe-Universität wird das Zentrum für Ostasien-Wissenschaften angesiedelt, Gießen erhält das Zentrum östliches Europa.
Im Orientalischen Seminar regt sich Protest gegen den plötzlichen Büchertransfer. "Ohne unsere Bücher ist es unmöglich, in der Regelstudienzeit bis 2010 zu Ende zu studieren, wie es uns zugesichert wurde", sagt Mirko Roth, studentische Hilfskraft in der orientalischen Bibliothek.Besonders empört über den Abzug der Bücher sind die Studierenden wegen der in diesem Semester eingeführten Studiengebühren. Sie kämpfen mit einer Unterschriftenaktion dafür, dass der Transfer des Bestands erst 2010 über die Bühne geht. Am Mittwoch übergaben sie im Senat rund 250 Unterschriften. Auf Seiten der Universitätsleitung wird abgewiegelt. Uni-Sprecher Olaf Kaltenborn sagt, es handle sich um ein "reines Problem des Übergangs". Die Bücher würden etappenweise nach Nordhessen transferiert. Dort müssen die analogen Bestände erstmal digitalisiert werden. Für die erste Tranche seien bewusst die Bestände der Iranistik ausgewählt worden. "Davon ist fast kein Student oder Wissenschaftler betroffen", sagt Kaltenborn. Zudem würden den Studierenden die notwendigen Bücher über einen Semesterapparat weiter zur Verfügung stehen. Der Transfer soll bis 2010 abgeschlossen sein - dann wird der Lehrbetrieb in der Frankfurter Orientalistik endgültig eingestellt.Doch Mirko Roth und seine Kommilitonin Anja Pfeffermann fürchten, dass der Bibliothek mit dem Abzug des umfassenden Iranistik-Bestandes das "Rückgrat" fehlen wird. Auch ein Wechsel nach Marburg als Ausweg sei schwierig, weil die Orientalistik dort als Bachelor- in Frankfurt aber als Magisterstudiengang angeboten werde.Wenig Verständnis hat auch der Orientalistik-Professor Hans Daiber, dessen Pensionierung um zwei Jahre verschoben wurde. Er bezeichnet den geplanten Büchertransfer als "großen Verlust für die geisteswissenschaftlichen Fächer der Goethe-Universität". Die Bibliothek müsse allein schon wegen der Verflechtung mit den Religionswissenschaften, dem Zentrum der Wissenschaftsgeschichte, der Judaistik, Afrikanistik und Sprachwissenschaft in Frankfurt bleiben. Zudem entstünden in Marburg Dupletten, weil viele Werke bereits durch den Transfer aus Gießen im Bestand seien. Wenn die Bibliothek schon aufgelöst werden müsse, dann nur als ganzes, sagt Daiber. "Die Aufteilung des Bestands wäre eine Todsünde, weil er in der Zusammensetzung einzigartig ist".Von 2010 an soll in Frankfurt nur noch eine Lektorenstelle für Arabistik zur Verfügung stehen, orientalische Sprachen würden dann als Nebenfach angeboten. Trotzdem pflegt Daiber weiter die Hoffnung, dass die Orientalistik in Frankfurt noch eine Chance bekommt. Immerhin sei der Lehrstuhl am orientalischen Seminar eine Stiftung des jüdischen Bankiers und Universitätsmitbegründers Heinrich Schiff.
Studierende fürchten um Qualität der Lehre, wenn zehntausende Bücher nach Marburg umziehen
VON JUTTA MAIER -- Foto: Boeckheler
Mohsen Zakeri, Forschungsmitarbeiter des Orientalischen Seminars, zieht ein ebenso reich verziertes wie vergilbtes Buch aus dem Regal: einen Band der " Geschichte des osmanischen Reiches" von 1843. "Das sind Museumsstücke", sagt Zakeri und streicht über die Buchrücken, "so eine Bibliothek wie hier gibt es sonst nirgendwo auf der Welt."Lange werden diese Schätze nicht mehr in Frankfurt stehen. Denn wie am Orientalischen Seminar erst vorige Woche bekannt wurde, soll laut eines Briefes von Vize-Universitätsleiter Ingwer Ebsen bereits im Laufe des Novembers mit dem Transfer der 40 000 Bücher starken Frankfurter Bibliothek nach Marburg begonnen werden. Im Zuge der Bündelung von kleinen, geisteswissenschaftlichen Fächern in Zentren wird in Marburg ein Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien aufgebaut, in dem die hessische Orientforschung konzentriert wird. Im Gegenzug muss Marburg nach den Plänen der Landesregierung auf die Turkologie, die in Gießen bleibt, sowie auf die Frankfurter Judaistik verzichten. An der Goethe-Universität wird das Zentrum für Ostasien-Wissenschaften angesiedelt, Gießen erhält das Zentrum östliches Europa.
Im Orientalischen Seminar regt sich Protest gegen den plötzlichen Büchertransfer. "Ohne unsere Bücher ist es unmöglich, in der Regelstudienzeit bis 2010 zu Ende zu studieren, wie es uns zugesichert wurde", sagt Mirko Roth, studentische Hilfskraft in der orientalischen Bibliothek.Besonders empört über den Abzug der Bücher sind die Studierenden wegen der in diesem Semester eingeführten Studiengebühren. Sie kämpfen mit einer Unterschriftenaktion dafür, dass der Transfer des Bestands erst 2010 über die Bühne geht. Am Mittwoch übergaben sie im Senat rund 250 Unterschriften. Auf Seiten der Universitätsleitung wird abgewiegelt. Uni-Sprecher Olaf Kaltenborn sagt, es handle sich um ein "reines Problem des Übergangs". Die Bücher würden etappenweise nach Nordhessen transferiert. Dort müssen die analogen Bestände erstmal digitalisiert werden. Für die erste Tranche seien bewusst die Bestände der Iranistik ausgewählt worden. "Davon ist fast kein Student oder Wissenschaftler betroffen", sagt Kaltenborn. Zudem würden den Studierenden die notwendigen Bücher über einen Semesterapparat weiter zur Verfügung stehen. Der Transfer soll bis 2010 abgeschlossen sein - dann wird der Lehrbetrieb in der Frankfurter Orientalistik endgültig eingestellt.Doch Mirko Roth und seine Kommilitonin Anja Pfeffermann fürchten, dass der Bibliothek mit dem Abzug des umfassenden Iranistik-Bestandes das "Rückgrat" fehlen wird. Auch ein Wechsel nach Marburg als Ausweg sei schwierig, weil die Orientalistik dort als Bachelor- in Frankfurt aber als Magisterstudiengang angeboten werde.Wenig Verständnis hat auch der Orientalistik-Professor Hans Daiber, dessen Pensionierung um zwei Jahre verschoben wurde. Er bezeichnet den geplanten Büchertransfer als "großen Verlust für die geisteswissenschaftlichen Fächer der Goethe-Universität". Die Bibliothek müsse allein schon wegen der Verflechtung mit den Religionswissenschaften, dem Zentrum der Wissenschaftsgeschichte, der Judaistik, Afrikanistik und Sprachwissenschaft in Frankfurt bleiben. Zudem entstünden in Marburg Dupletten, weil viele Werke bereits durch den Transfer aus Gießen im Bestand seien. Wenn die Bibliothek schon aufgelöst werden müsse, dann nur als ganzes, sagt Daiber. "Die Aufteilung des Bestands wäre eine Todsünde, weil er in der Zusammensetzung einzigartig ist".Von 2010 an soll in Frankfurt nur noch eine Lektorenstelle für Arabistik zur Verfügung stehen, orientalische Sprachen würden dann als Nebenfach angeboten. Trotzdem pflegt Daiber weiter die Hoffnung, dass die Orientalistik in Frankfurt noch eine Chance bekommt. Immerhin sei der Lehrstuhl am orientalischen Seminar eine Stiftung des jüdischen Bankiers und Universitätsmitbegründers Heinrich Schiff.
Samstag, 27. Oktober 2007
FAZ, 23.10.2007
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
SEITE 54 - DIENSTAG, 23. OKTOBER 2007 - NR. 246
Studieren ohne Bücher
Weiter Ärger über Zentrenbildung in Hessen
FRANKFURT/MARBURG. Im Orientalischen Seminar der Universität Frankfurt protestieren die Studenten für den Erhalt ihrer Bibliothek. Schon im November sollen, wie ihnen erst jetzt mitgeteilt wurde, große Teile des Bestandes an die Universität Marburg gebracht werden. Dort entsteht das Zentrum für Nah- und Mitteloststudien, seit die Landesregierung beschlossen hatte, die kleineren geisteswissenschaftlichen Fächer zu bündeln. Im Gegenzug wird das Marburger Japanzentrum geschlossen; eine erste Ladung Bücher soll nun nach Frankfurt kommen, wo das Fach wetterbetrieben wird.
Allerdings war schon eingeschriebenen Studenten garantiert worden, ihr Studium an der eigenen Hochschule abschließen zu können. Frühestens 2010, heißt es, würden die Standorte geschlossen. Die Frankfurter Orientalisten, die nun die ersten Studiengebühren entrichten mussten, haben ihre Kommilitonen im Senat, der morgen tagen wird, um Amtshilfe gebeten: Das Vorenthalten wissenschaftlicher Literatur sei Grund für eine Klage auf Rückerstattung der Gebühren.
Der Frankfurter Uni-Vizepräsident Ingwer Ebsen sagte gestern, die schrittweise Bibliotheksverlagerung sei „eines der schwierigen Übergangsprobleme des Zentrumskonzeptes". Schon 2009/2010 würden die neuen Zentren evaluiert, daher müsse gehandelt werden. Dies solle das Studium möglichst wenig beeinträchtigen. Mit Marburg sei ausgemacht, etwa durch Semesterapparate in Frankfurt die Literaturversorgung sicherzustellen.
Deutlicher noch als die Kritik der Studenten fällt jene der Wissenschaftler aus, die sich ebenfalls im Senat zu Wort melden wollen. Der Frankfurter Orientalistikprofessor Hans Daiber sagte, er habe erst durch Ebsens Brief vom 15. Oktober von der kurzfristig bevorstehenden Teilauflösung der Bibliothek erfahren, bei der auch die wichtige Arabistikliteratur weggebracht werden soll. Studenten und Forscher benötigten den Buchbestand, außerdem werde er von der Judaistik und der Religionswissenschaft, zumal dem neu etablierten Schwerpunkt Islam, genutzt. Die geplante Teilung bedeute Zerstörung: Wenn überhaupt, so Daiber, solle die Bibliothek komplett transferiert werden. Daiber, der jetzt hätte emeritiert werden sollen, wird noch bis 2009 lehren und prüfen.
Der Bibliotheksumzug ist nur eine Folge der von allen Beteiligten ungeliebten Zentrenbildung. Schon im April hatten Orientalistik-Studenten protestiert, weil die nach der Verlegung einer Wissenschaftlerstelle nach Marburg versprochene Aufstockung des Lehrangebots unterblieben war. Der Frankfurter Sprachwissenschaftler Jost Gippert sagte, schon jetzt dürften sich Studenten nicht mehr für den neugeschaffenen Studiengang Empirische Sprachwissenschaften mit dem Schwerpunkt orientalische Sprachen einschreiben. In Zukunft soll es laut Ebsen nur eine Lektorenstelle für Arabisch an der Universität geben. Heinrich Menkhaus, Marburger Professor für japanisches Recht, hält einen Umzug der Japan-Bibliothek für nicht sinnvoll, zumindest nicht, bevor das gesamte Zentrum „abgewickelt" sei. Frankfurt habe man die philologischen Bestände angeboten, da dieses Fach in Marburg nicht gelehrt werde.
Noch unklar ist das Schicksal der Frankfurter Turkologie. Dass die Judaistik, die ursprünglich zur Disposition stand, nach Protesten sogar zu einem Frankfurter Schwerpunkt erklärt wurde, lässt Daiber hoffen: Seine Professur beruhe auf der Stiftung eines jüdischen Mitbegründers der Universität, des Bankiers Heinrich Schiff. Dieses Erbe zu vernachlässigen könne nicht im Sinne der künftigen Stifungsuniversität sein. EVA-MARIA MAGEL
SEITE 54 - DIENSTAG, 23. OKTOBER 2007 - NR. 246
Studieren ohne Bücher
Weiter Ärger über Zentrenbildung in Hessen
FRANKFURT/MARBURG. Im Orientalischen Seminar der Universität Frankfurt protestieren die Studenten für den Erhalt ihrer Bibliothek. Schon im November sollen, wie ihnen erst jetzt mitgeteilt wurde, große Teile des Bestandes an die Universität Marburg gebracht werden. Dort entsteht das Zentrum für Nah- und Mitteloststudien, seit die Landesregierung beschlossen hatte, die kleineren geisteswissenschaftlichen Fächer zu bündeln. Im Gegenzug wird das Marburger Japanzentrum geschlossen; eine erste Ladung Bücher soll nun nach Frankfurt kommen, wo das Fach wetterbetrieben wird.
Allerdings war schon eingeschriebenen Studenten garantiert worden, ihr Studium an der eigenen Hochschule abschließen zu können. Frühestens 2010, heißt es, würden die Standorte geschlossen. Die Frankfurter Orientalisten, die nun die ersten Studiengebühren entrichten mussten, haben ihre Kommilitonen im Senat, der morgen tagen wird, um Amtshilfe gebeten: Das Vorenthalten wissenschaftlicher Literatur sei Grund für eine Klage auf Rückerstattung der Gebühren.
Der Frankfurter Uni-Vizepräsident Ingwer Ebsen sagte gestern, die schrittweise Bibliotheksverlagerung sei „eines der schwierigen Übergangsprobleme des Zentrumskonzeptes". Schon 2009/2010 würden die neuen Zentren evaluiert, daher müsse gehandelt werden. Dies solle das Studium möglichst wenig beeinträchtigen. Mit Marburg sei ausgemacht, etwa durch Semesterapparate in Frankfurt die Literaturversorgung sicherzustellen.
Deutlicher noch als die Kritik der Studenten fällt jene der Wissenschaftler aus, die sich ebenfalls im Senat zu Wort melden wollen. Der Frankfurter Orientalistikprofessor Hans Daiber sagte, er habe erst durch Ebsens Brief vom 15. Oktober von der kurzfristig bevorstehenden Teilauflösung der Bibliothek erfahren, bei der auch die wichtige Arabistikliteratur weggebracht werden soll. Studenten und Forscher benötigten den Buchbestand, außerdem werde er von der Judaistik und der Religionswissenschaft, zumal dem neu etablierten Schwerpunkt Islam, genutzt. Die geplante Teilung bedeute Zerstörung: Wenn überhaupt, so Daiber, solle die Bibliothek komplett transferiert werden. Daiber, der jetzt hätte emeritiert werden sollen, wird noch bis 2009 lehren und prüfen.
Der Bibliotheksumzug ist nur eine Folge der von allen Beteiligten ungeliebten Zentrenbildung. Schon im April hatten Orientalistik-Studenten protestiert, weil die nach der Verlegung einer Wissenschaftlerstelle nach Marburg versprochene Aufstockung des Lehrangebots unterblieben war. Der Frankfurter Sprachwissenschaftler Jost Gippert sagte, schon jetzt dürften sich Studenten nicht mehr für den neugeschaffenen Studiengang Empirische Sprachwissenschaften mit dem Schwerpunkt orientalische Sprachen einschreiben. In Zukunft soll es laut Ebsen nur eine Lektorenstelle für Arabisch an der Universität geben. Heinrich Menkhaus, Marburger Professor für japanisches Recht, hält einen Umzug der Japan-Bibliothek für nicht sinnvoll, zumindest nicht, bevor das gesamte Zentrum „abgewickelt" sei. Frankfurt habe man die philologischen Bestände angeboten, da dieses Fach in Marburg nicht gelehrt werde.
Noch unklar ist das Schicksal der Frankfurter Turkologie. Dass die Judaistik, die ursprünglich zur Disposition stand, nach Protesten sogar zu einem Frankfurter Schwerpunkt erklärt wurde, lässt Daiber hoffen: Seine Professur beruhe auf der Stiftung eines jüdischen Mitbegründers der Universität, des Bankiers Heinrich Schiff. Dieses Erbe zu vernachlässigen könne nicht im Sinne der künftigen Stifungsuniversität sein. EVA-MARIA MAGEL
Freitag, 26. Oktober 2007
Stellungnahme der Studierenden vor dem Senat
Der Protest der Studierenden der Orientalistik richtet sich nicht gegen die umstrittene Zentrenbildung geisteswissenschaftlicher Disziplinen, sondern allein gegen den Transfer der Orientbibliothek nach Marburg im Zuge dieser Zentrenbildung.
I. Für ein Verbleiben der Orientbibliothek in Frankfurt bis mindestens 2010 spricht:
die Zusage von Seiten der Universität und deren Verantwortlichen, dass Studenten bis 2010 ihr Studium in FFM mit dem Magister im Fach Orientalistik abschließen dürfen.
Im vergangenen Sommersemester wurden – erst nach studentischem Protest – zwei Mitarbeiterstellen angehoben, um das Unterrichtsangebot aufrechterhalten zu können. In keinem folgerichtigen Zusammenhang steht daher der geplante Abzug der Bibliothek: Wie ein Studium in Regelstudienzeit absolvieren ohne Bücher; wie überhaupt studieren ohne Bücher???
Weiterhin sollten die allgemeinen Studiengebühren, die auch von uns Orientalistikstudenten gezahlt wurden, unsere Studienbedingungen verbessern und nicht verschlechtern:
· UniReport (online-Ausgabe), August 2007, S.1, 3 u.4
· Udo Corts: www.muk.uni-frankfurt.de/Studienbeitraege/doc/01-Studienbeitraege-corts.pdf, S. 2 unten
· Steinberg: www.muk.uni-frankfurt.de/Studienbeitraege/index.html
· Uni-Satzung: www.muk.uni-frankfurt.de/Studienbeitraege/doc/HMWKgenehm_Satzung.pdf, S. 8, § 10.
II. Für einen Verbleib der Orientbibliothek in Frankfurt überhaupt spricht:
· Eine Bibliothek ist ein Organismus, dem man nicht einzelne Teile abtrennen kann, ohne immense Einschränkungen in der Funktionalität zu provozieren. Die Bestände verweisen aufeinander und so würden manche Titel unbrauchbar oder unauffindbar werden.
· Die Orientalistik hat an der Universität eine lange Tradition, denn schon 1913 wurde ein Lehrstuhl für semitische Philologie von einem jüdischen Bankier, Jakob Heinrich Schiff, gestiftet, welcher die judaistische Forschung und Lehre ergänzen und erweitern sollte. In Zeiten des Wandels der Goethe-Uni zu einer Stiftungsuniversität könnte man sich seiner Wurzeln besinnen!
· Weiterhin ist die Bibliothek mit anderen Instituten vernetzt. So gab es Absprachen – unter anderem mit der Sprachwissenschaft von Herrn Prof. Gippert –, dass Titel nicht doppelt angeschafft wurden um Mittel zu sparen (Undank ist der Welten Lohn!). Das heißt Sprachwissenschaftler kamen zu uns in die Bibliothek und wir gingen in die Georg-Voigt-Str.
· Die Orientbibliothek war ein gewichtiger Grund, warum die zwei Stiftungsprofessuren für Islamische Religion nach Frankfurt kamen und wird vielleicht das Zünglein an der Waage für das Exzellenz-Cluster im Bereich Wissenschaftsgeschichte mit dem Schwerpunkt „Vorderer Orient“ sein.
· Überhaupt ist der Bestand der Orientbibliothek relevant für alle Sprach-, Kultur-, Geschichts- und Religionswissenschaftlichen Disziplinen. Folgerichtig haben sich in der Senatssitzung vom 24.10.2007 unter anderem die Dekane der Fachbereiche 06/07 (Theologie), 08 (Philosophie/Geschichtswissenschaften), 09 (Sprach- und Kulturwissenschaften) für den Verbleib der Orientbibliothek eingesetzt.
III. Zur Senatssitzung vom 24.10.2007:
Vollkommen an der Sache vorbei sind die Aussagen von Herrn Vizepräsident Ebsen:
1. Der Transfer betreffe bloß „unwichtige Bestände“!
· Die im Schreiben von Herrn Ebsen (15.10.07) geforderten Bücher für den Abzug im November 2007 betreffen die Signaturen K, S, R, La-Ls: 2/3 der Bibliothek!!!
· Die Signatur R ist das Rückgrat unserer Bibliothek: R steht in der Bibliothekssystematik für „Arabische Texte“ – absurd, oder? Eine Orientalistik ohne orientalische Literatur!
· Zu den Unterpunkten der R-Signatur gehören unter anderem Koran, Recht, Hadith-Literatur (Aussprüche des Propheten), Dogmatik, Philosophie, Poesie, Geschichte, Geographie, Mathematik etc.
· Die Signaturen Ra1-Rz9 umfassen allein ca. 15 000 von ca. 40 000 Bänden.
· Für Herrn Prof. Daiber und seine Mitarbeiter käme ein Abzug der Bibliothek einem Berufsverbot gleich! – einem Studierverbot für uns Studenten!
2. Einschränkungen in Forschung und Lehre im Bereich der Iranistik (Signatur S) seien zu verkraften!
· Konkrete Zahlen kennt Herr Ebsen allem Anschein nach nicht: In der Orientalistik finden die Persischsprachkurse I-III statt, wobei der dritte Kurs ein Lektürekurs ist.
· Weiterhin ist Herrn Ebsen nicht klar, wie weit reichend iranistische Quellen für die islamische Verkündigung sind, da sich die islamische Eschatologie (sowie die jüdisch-christliche!) aus iranischen Quellen speist. Und es lässt sich nicht konstatieren, dass islamische Eschatologie eine Randerscheinung des muslimischen Kerygmas (respektive Verkündigung!) sei!
· Außerdem sind die ältesten grammatischen und philologischen Zeugnisse des Arabischen von persischen Gelehrten verfasst worden und der persische Sprach- und Kulturraum für die orientalistische Forschung von großem Belang.
· Überhaupt ist es für die Mitarbeiter von Herrn Prof. Gippert unabdingbar für ihre Forschung auf unsere iranistische Bestände zurückgreifen zu können!
3. Weiter bräuchten Studenten im Hauptstudium weniger Bücher, weshalb es zumutbar sei, dass sich Studenten einzelne Bücher aus Marburg besorgten.
· Ohne Kommentar!
4. Marburg würde dem Orientalischen Seminar umfangreiche Semesterapparate zur Verfügung stellen!
· Unsere Bücher sind noch nicht digital erfasst. Wenn weite Bestände jetzt abgezogen würden, sehe ich keine Möglichkeit, dass im Jahre 2008 weder Semesterapparate mit Literatur bestückt noch Studenten mit Literatur versorgt werden können: über 20 000 Karteikarten zu digitalisieren ist eine Aufgabe die eine außerordentliche Arbeitskraft voraussetzt und dennoch Monate und Jahre dauern kann.
5. Marburg würde, wie alle anderen Zentren in Hessen, 2009/2010 evaluiert werden!
· Wie im vorangehenden Punkt betrifft diese Aussage die Organisation eines Bibliotheksumzuges. Denn selbst wenn Marburg die Bücher bekäme, wären diese meines Erachtens noch nicht für die Studenten in Gänze 2009/2010 verfügbar. Das Orientzentrum könnte sich rühmen eine hervorragende Bibliothek zerstört zu haben mit dem Ausblick in den kommenden Jahren ihren Studenten eine große Zahl Bücher zur Verfügen stellen zu können – aber nicht bis 2009/2010!
I. Für ein Verbleiben der Orientbibliothek in Frankfurt bis mindestens 2010 spricht:
die Zusage von Seiten der Universität und deren Verantwortlichen, dass Studenten bis 2010 ihr Studium in FFM mit dem Magister im Fach Orientalistik abschließen dürfen.
Im vergangenen Sommersemester wurden – erst nach studentischem Protest – zwei Mitarbeiterstellen angehoben, um das Unterrichtsangebot aufrechterhalten zu können. In keinem folgerichtigen Zusammenhang steht daher der geplante Abzug der Bibliothek: Wie ein Studium in Regelstudienzeit absolvieren ohne Bücher; wie überhaupt studieren ohne Bücher???
Weiterhin sollten die allgemeinen Studiengebühren, die auch von uns Orientalistikstudenten gezahlt wurden, unsere Studienbedingungen verbessern und nicht verschlechtern:
· UniReport (online-Ausgabe), August 2007, S.1, 3 u.4
· Udo Corts: www.muk.uni-frankfurt.de/Studienbeitraege/doc/01-Studienbeitraege-corts.pdf, S. 2 unten
· Steinberg: www.muk.uni-frankfurt.de/Studienbeitraege/index.html
· Uni-Satzung: www.muk.uni-frankfurt.de/Studienbeitraege/doc/HMWKgenehm_Satzung.pdf, S. 8, § 10.
II. Für einen Verbleib der Orientbibliothek in Frankfurt überhaupt spricht:
· Eine Bibliothek ist ein Organismus, dem man nicht einzelne Teile abtrennen kann, ohne immense Einschränkungen in der Funktionalität zu provozieren. Die Bestände verweisen aufeinander und so würden manche Titel unbrauchbar oder unauffindbar werden.
· Die Orientalistik hat an der Universität eine lange Tradition, denn schon 1913 wurde ein Lehrstuhl für semitische Philologie von einem jüdischen Bankier, Jakob Heinrich Schiff, gestiftet, welcher die judaistische Forschung und Lehre ergänzen und erweitern sollte. In Zeiten des Wandels der Goethe-Uni zu einer Stiftungsuniversität könnte man sich seiner Wurzeln besinnen!
· Weiterhin ist die Bibliothek mit anderen Instituten vernetzt. So gab es Absprachen – unter anderem mit der Sprachwissenschaft von Herrn Prof. Gippert –, dass Titel nicht doppelt angeschafft wurden um Mittel zu sparen (Undank ist der Welten Lohn!). Das heißt Sprachwissenschaftler kamen zu uns in die Bibliothek und wir gingen in die Georg-Voigt-Str.
· Die Orientbibliothek war ein gewichtiger Grund, warum die zwei Stiftungsprofessuren für Islamische Religion nach Frankfurt kamen und wird vielleicht das Zünglein an der Waage für das Exzellenz-Cluster im Bereich Wissenschaftsgeschichte mit dem Schwerpunkt „Vorderer Orient“ sein.
· Überhaupt ist der Bestand der Orientbibliothek relevant für alle Sprach-, Kultur-, Geschichts- und Religionswissenschaftlichen Disziplinen. Folgerichtig haben sich in der Senatssitzung vom 24.10.2007 unter anderem die Dekane der Fachbereiche 06/07 (Theologie), 08 (Philosophie/Geschichtswissenschaften), 09 (Sprach- und Kulturwissenschaften) für den Verbleib der Orientbibliothek eingesetzt.
III. Zur Senatssitzung vom 24.10.2007:
Vollkommen an der Sache vorbei sind die Aussagen von Herrn Vizepräsident Ebsen:
1. Der Transfer betreffe bloß „unwichtige Bestände“!
· Die im Schreiben von Herrn Ebsen (15.10.07) geforderten Bücher für den Abzug im November 2007 betreffen die Signaturen K, S, R, La-Ls: 2/3 der Bibliothek!!!
· Die Signatur R ist das Rückgrat unserer Bibliothek: R steht in der Bibliothekssystematik für „Arabische Texte“ – absurd, oder? Eine Orientalistik ohne orientalische Literatur!
· Zu den Unterpunkten der R-Signatur gehören unter anderem Koran, Recht, Hadith-Literatur (Aussprüche des Propheten), Dogmatik, Philosophie, Poesie, Geschichte, Geographie, Mathematik etc.
· Die Signaturen Ra1-Rz9 umfassen allein ca. 15 000 von ca. 40 000 Bänden.
· Für Herrn Prof. Daiber und seine Mitarbeiter käme ein Abzug der Bibliothek einem Berufsverbot gleich! – einem Studierverbot für uns Studenten!
2. Einschränkungen in Forschung und Lehre im Bereich der Iranistik (Signatur S) seien zu verkraften!
· Konkrete Zahlen kennt Herr Ebsen allem Anschein nach nicht: In der Orientalistik finden die Persischsprachkurse I-III statt, wobei der dritte Kurs ein Lektürekurs ist.
· Weiterhin ist Herrn Ebsen nicht klar, wie weit reichend iranistische Quellen für die islamische Verkündigung sind, da sich die islamische Eschatologie (sowie die jüdisch-christliche!) aus iranischen Quellen speist. Und es lässt sich nicht konstatieren, dass islamische Eschatologie eine Randerscheinung des muslimischen Kerygmas (respektive Verkündigung!) sei!
· Außerdem sind die ältesten grammatischen und philologischen Zeugnisse des Arabischen von persischen Gelehrten verfasst worden und der persische Sprach- und Kulturraum für die orientalistische Forschung von großem Belang.
· Überhaupt ist es für die Mitarbeiter von Herrn Prof. Gippert unabdingbar für ihre Forschung auf unsere iranistische Bestände zurückgreifen zu können!
3. Weiter bräuchten Studenten im Hauptstudium weniger Bücher, weshalb es zumutbar sei, dass sich Studenten einzelne Bücher aus Marburg besorgten.
· Ohne Kommentar!
4. Marburg würde dem Orientalischen Seminar umfangreiche Semesterapparate zur Verfügung stellen!
· Unsere Bücher sind noch nicht digital erfasst. Wenn weite Bestände jetzt abgezogen würden, sehe ich keine Möglichkeit, dass im Jahre 2008 weder Semesterapparate mit Literatur bestückt noch Studenten mit Literatur versorgt werden können: über 20 000 Karteikarten zu digitalisieren ist eine Aufgabe die eine außerordentliche Arbeitskraft voraussetzt und dennoch Monate und Jahre dauern kann.
5. Marburg würde, wie alle anderen Zentren in Hessen, 2009/2010 evaluiert werden!
· Wie im vorangehenden Punkt betrifft diese Aussage die Organisation eines Bibliotheksumzuges. Denn selbst wenn Marburg die Bücher bekäme, wären diese meines Erachtens noch nicht für die Studenten in Gänze 2009/2010 verfügbar. Das Orientzentrum könnte sich rühmen eine hervorragende Bibliothek zerstört zu haben mit dem Ausblick in den kommenden Jahren ihren Studenten eine große Zahl Bücher zur Verfügen stellen zu können – aber nicht bis 2009/2010!
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