Georg Lepperts Leitartikel zum gleichen Thema, ebenfalls in der FR:
Leitartikel
Eine Frage des Vertrauens
Am Ende halfen keine Unterschriftensammlung und kein öffentlich vorgetragener Protest: Die Orientalistik-Bibliothek der Goethe-Universität zieht nach Marburg - schon im Februar steht ein Großteil der Bücher nicht mehr im Seminar an der Dantestraße. So sieht es der Vertrag zwischen den beiden Hochschulen und dem Wissenschaftsministerium vor. Für die Studierenden ist das ganz bitter. Ihre Wut - die sich auch gegen das Präsidium der Frankfurter Universität richtet - ist verständlich. Denn unter dem Strich verschlechtern sich die Studienbedingungen für die angehenden Orientwissenschaftler immens. Bedauernswerte Einzelfälle, könnte man sagen. So ist es eben, das Schicksal derjenigen, die unbedingt meinen, ein Orchideenfach studieren zu müssen. Doch beim Bücherstreit zwischen Frankfurt und Marburg geht es um mehr als ein paar zu Recht verärgerte Studenten. Es geht um die Glaubwürdigkeit der Hochschulpolitik, die Wissenschaftsminister Udo Corts seit Jahren vorantreibt.
Noch gut haben alle Studierenden der so genannten kleinen Fächer im Ohr, wie ihnen Corts die Bündelung zu Fächerzentren in Frankfurt, Gießen und Marburg verkaufte. Jeder könne an seiner Uni in der Regelstudienzeit zu Ende studieren. Nun aber dürfen die Frankfurter Studierenden zwar formal an der Goethe-Uni eingeschrieben bleiben. Faktisch aber stehen sie ohne Bücher da, was natürlich ein schlechter Witz ist. Ihr Studienort heißt Frankfurt, also muss es auch in Frankfurt eine Bibliothek geben - und nicht nur die Möglichkeit der Fernleihe. Sonderlich geschickt von Corts ist es nicht, in scheinbar banalen Einzelfragen große Missstimmung zu provozieren. Denn wie kaum ein anderer Landesminister in Hessen ist er darauf angewiesen, dass man ihm einen Vertrauensvorschuss entgegenbringt. Seit vier Monaten kassiert das Land Studiengebühren - die Studierenden sollen darauf vertrauen, dass dies in Einklang mit der Verfassung geschieht, was nach mehreren Urteilen von Verwaltungsgerichten stark bezweifelt werden darf. Und auch in der Frage, wie das Geld verwendet wird, müssen die Studenten Corts vertrauen. Dank der Studiengebühren werde sich die Situation an den Hochschulen deutlich verbessern, propagiert der Minister gebetsmühlenartig. Ob das wirklich der Fall ist, werden die Studierenden erst feststellen, wenn sie ihre 500 Euro Campus-Maut längst bezahlt haben.Wer auf so viel Gutgläubigkeit angewiesen ist wie Corts, sollte die an ihn gestellten Erwartungen nicht enttäuschen. Und enttäuscht sind die Orientalistik-Studenten, denen ein sorgenfreies Studium bis 2010 versprochen wurde, allemal.
Mittwoch, 19. Dezember 2007
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