Montag, 26. November 2007

DEBATTE, BITTE!


Liebe Leser,
bitte nehmt an der Debatte teil, die durch die Kommentare angeregt wird, besonders der Artikel aus der FR bietet offensichtlich genug Zündstoff. Leider ist im Moment aus technischen Gründen keine andere Darstellung der Debatte möglich, als über das Beitragen von Kommentaren! Aber nutzt bitte diese (vielleicht etwas defitzitäre) Möglichkeit! Der Austausch der unterschiedlichsten Positionen erweitert unser aller Horizont. Das ist Wissenschaft: die Auseinandersetzung eben um unterschiedliche Positionen!

Samstag, 24. November 2007

FNP 29.11.2007 zum KAV-Beschluss


Die KAV hat gemäß Beschluss vom 19.11.2007 eine Bitte an die Stadtverordnetenversammlung gerichtet: diese solle den Magistrat der Stadt Frankfurt am Main beauftragen, beim Hessischen Bildungs- und Kultusministerium und beim Präsidium der Frankfurter Goethe-Uni zu intervenieren und sich für den Erhalt der Orientbibliothek in Frankfurt einzusetzen. Die Bestände der Orientbibliothek sollen der Stidtungsprofessur Islamische Religion im Fachbereich Evangelische Theologie übergeben werden.
Aktuell dazu immer im PARLIS (Suchwort: Orientbibliothek)!
hierzu auch in der FNP vom 29.11.2007:
Diese Schätze müssen Frankfurt verlassen
Frankfurt. Die Kommunale Ausländervertretung (KAV) will sich nicht mit dem Fortzug der traditionsreichen Orientbibliothek aus Frankfurt abfinden. Sie hat bei der Stadtverordnetenversammlung angeregt, den Magistrat zu beauftragen, über den Verbleib der Bibliothek in Frankfurt zu verhandeln. Die CDU-Landesregierung will die so genannten „kleineren geisteswissenschaftlichen Fächer“ bündeln. So soll in Marburg das Zentrum für Nah- und Mitteloststudien entstehen. Der Ausländerbeirat möchte, dass die Fachbibliothek an der Goethe-Universität bleibt. „Sollte die bereits angelaufene Bibliotheksverlagerung nicht sofort gestoppt und rückgängig gemacht werden, dann können Studierende der Orientalistik bald nicht mehr in Frankfurt auf die Fachliteratur zugreifen“, begründet der Ausländerbeirat seine Anregung. Die KAV appelliert an die Hessische Landesregierung und an das Präsidium der Goethe-Universität, die Orient-Bibliothek an die Stiftungsprofessur für Islamische Religion zu übergeben. Die Übergabe der Orient-Bibliothek an diese Professur, die in Deutschland einmalig sei, sei eine sinnvolle Lösung. Damit werde diese Professur, die im Prozess der Integration der Muslime in die Mehrheitsgesellschaft eine große Rolle spiele, aufgewertet. „Auch für die Studenten im Orientalischen Seminar, die auf diese Bibliothek angewiesen sind, ist dies eine akzeptable Lösung“ betont die KAV. Das Orientalische Seminar in Frankfurt befasst sich in Forschung und Lehre mit der Wissenschaft von den Sprachen und Literaturen des Vorderen Orients. Der Magisterstudiengang Orientalistik, in dessen Mittelpunkt die arabische Sprache und Literatur sowie die Islamwissenschaften stehen, wird seit 2006 nicht mehr angeboten. Studierende, die ihr Studium 2005 oder früher angefangen haben, können ihr Studium in der Regelstudienzeit noch in Frankfurt beenden. (tre)

Freitag, 23. November 2007

FR, 23.11.2007 (Meinungen aus Marburg)

Die Marburger Orientalisten haben nun auch eine Meinung zu unserem Protest gegen einen voreiligen und verfrühten Abzug unserer Bibliothek, und zwar in der FR vom 23.11.2007. Mehr als unsere Argumente umzukehren, fiel ihnen aber leider nicht ein: in Marburg würde die Bibliothek wirklich genutzt, in Frankfurt gebe es gar kein Umfeld dafür und außerdem seien ja die Studierendenzahlen schon sprunghaft angestiegen... aaaaah ja! Aber lest selbst:

Zentrum für Orient-Studien
Praktikum im Jemen
Für Gründer Walter Sommerfeld steckt in dem neuen Centrum für Nah- und Mittelost-Studien der Marburger Universität die große Chance: "Wir sind hochmotiviert, passen gut zusammen und wollen richtig loslegen", sagt der Altorientalist. Weltweit solle Marburg ein Name in der Orientwissenschaft werden. Am 11. Dezember wird das neue Centrum von Wissenschaftsminister Udo Corts eröffnet. In den Räumen der ehemaligen Kinderklinik wird die hessische Orientforschung gebündelt - sechs Professuren, zwei Juniorprofessuren, ein Honorarprofessor und 1,3 Millionen Euro für die Aufbauphase gehören dazu.
Wut in Frankfurt
Freilich sind nicht alle glücklich über das neue Zentrum. Während die Gießener Islamwissenschaft inzwischen nach Marburg verlagert wurde, gibt es lautstarke Proteste aus Frankfurt. Das Orientalische Seminar der Goethe-Universität will seine wertvolle Bibliothek nun doch nicht abgeben. Mit einer Unterschriftenaktion kämpfen die Studierenden dafür, dass die 40 000 Bände vorerst in Frankfurt bleiben können. Walter Sommerfeld und sein Kollege Stefan Weniger (Semitistik) können über dieses Ansinnen nur den Kopf schütteln: "Bei uns würde die Bibliothek wirklich genutzt. In Frankfurt ist das Umfeld gar nicht da." Im übrigen kritisieren Marburger Wissenschaftler, dass die Philipps-Universität bei der Zentrenbildung in Hessen besonders viel abgeben musste: Das Japan-Zentrum ging nach Frankfurt, die renommierte Slawistik mitsamt ihrer großen Bibliothek nach Gießen. Dagegen blieb die Judaistik entgegen den ursprünglichen Plänen in Frankfurt, die Turkologie in Gießen. Doch die Marburger Forscher freuen sich jetzt, den Studienbetrieb in den 55 Räumen des denkmalgeschützten Gebäudes an der Elisabethkirche aufnehmen zu können. Die Zahl der Studierenden ist bereits sprunghaft angestiegen: 100 Hauptfachstudenten zählt das neue Centrum. Und in Zukunft sollen es noch dreimal so viele werden."Wir haben ein gut überlegtes Gesamtkonzept", sagt Sommerfeld. Dazu gehören nicht nur intensive Kenntnisse über Geschichte, Kultur und Religion sowie das Erlernen von Arabisch oder Persisch. Selbstverständlich ist es für das Team auch, Wissen über Berufsperspektiven in Unternehmen, im diplomatischen Dienst oder in der Migrantenbetreuung zu vermitteln. Wirtschaft und Politik sind Themen. Die Studierenden sollen ein Praktikum in Syrien, Ägypten, Saudi-Arabien, dem Jemen oder dem Libanon absolvieren.
Forschungsschwerpunkt: Irak
Dass Tradition und Moderne verbunden werden sollen, zeigt auch der Internetauftritt des Centrums. Dort ist das moderne Einkaufszentrum von Dubai mit seinen alten arabischen Windtürmen zu sehen, durch deren raffinierte Technik Wind eingefangen wird. Sommerfeld: "Wer sich im breitesten Sinne mit dem Orient beschäftigen will, findet das in Marburg in einer einmaligen Komplexität." Ein Forschungsschwerpunkt ist der Irak, in den zurzeit jedoch keine Wissenschaftler aus Marburg reisen können. Die Philipps-Universität unterhält eine Partnerschaft mit der Universität Bagdad. Sommerfeld ist ausgewiesener Irak-Experte. Nach dem Krieg begutachtete er als deutscher Experte das verwüstete Irak-Museum und protestierte gegen die Raubgrabungen. 2010 werden mehr als 1000 Besucher zum Orientalistentag in Marburg erwartet.
Gesa Coordes

Sonntag, 18. November 2007

FR, 17.11.2007


FR-Campus berichtet aus der Frankfurter Hochschulszene:
Bibliothek bleibt in Frankfurt
Universität findet Lösung für die Orientalistik
Der Erhalt der Orientalistik-Bibliothek an der Johann Wolfgang Goethe-Universität ist vorerst gesichert. Das Präsidium habe zugesichert, dass die aus 40 000 Bänden bestehende Einrichtung bis mindestens 2010 in Frankfurt bleibt, teilte der Allgemeine Studierendenausschuss (Asta) am Freitag mit. Universitätssprecher Olaf Kaltenborn bestätigte diese Darstellung weitgehend. Er fügte jedoch an: Sollten bestimmte Teile des Bestandes kaum nachgefragt werden, sei es nicht ausgeschlossen, dass die Universität diese Bücher schon vor 2010 ans neue Orientalistikzentrum in Marburg geben wird. Ursprünglich sollte die Orientalistik-Bibliothek von November an Stück für Stück an das Marburger Zentrum verlagert werden. Dagegen hatten sich vor allem Studierende der Orientwissenschaften gewehrt. Ihnen war vom Wissenschaftsministerium zugesichert worden, dass sie bis 2010 in Frankfurt studieren können. Dann gibt die Uni die Orientwissenschaften auf und verweist ihre Studierenden auf die Marburger Einrichtung, die im Rahmen der Zentrenbildung kleiner Fächer entsteht.
Zuletzt war der Umzug sogar zum Politikum geworden. Die Linkspartei im Römer hatte sich in einem Antrag für den Erhalt der Bibliothek an der Frankfurter Universität ausgesprochen.
Georg Leppert

Erst ignorieren Sie Dich,
dann verlachen Sie Dich,
dann bekämpfen Sie Dich
und dann gewinnst Du.
***Mahatma Gandhi***

Samstag, 17. November 2007

Entscheidung im Römer, 15.11.2007


Bei der Sitzung des Ältestenausschusses vom 15.11.2007 wurde keine Dringlichkeit der Vorlage Nr. 668 festgestellt. Das heißt im Klartext: der Antrag der Linken, der Magistrat möge sich sowohl beim zuständigen hessischen Ministerium als auch beim Präsidium der Goethe-Uni für einen Erhalt der Orientbibliothek in Frankfurt einsetzen, wurde abgelehnt -- von CDU, Grünen, FDP und BFF! Nicht klar ist, wie sich die Frankfurter SPD zu diesem Antrag verhalten hat. Immerhin tritt die SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti mit dem Slogan "Die Zeit ist reif" auch für bessere Bildung gegen Koch an...

Montag, 12. November 2007

Ironie des Schicksals!?



gefunden auf den uni-websites:
Verbesserung der Studien-bedingungen
Ihre Mithilfe ist gefragt!
Liebe Studierende,
Sie entrichten ab diesem Wintersemester Studienbeiträge. Die Universität wird dieses Geld verwenden, um die Studienbedingungen für Sie spürbar zu verbessern. Mehr Informationen dazu erhalten Sie hier. Trotz umfangreicher Maßnahmen zur Verbesserung der Studienbedingungen in allen Studiengängen (!), kann die Universität nicht ausschließen, dass einzelne mögliche Probleme nicht bedacht wurden. Wir bitten Sie deshalb um Ihre Unterstützung. Wenn Sie im Wintersemester bemerken, dass die Studienbedingungen an bestimmten Stellen noch nicht hinreichend verbessert wurden, dann schicken Sie bitte eine E-Mail an stb-Probleme@uni-frankfurt.de Besonders wichtig sind der Universität in diesem Zusammenhang möglichst frühzeitige Hinweise, wenn Sie Zweifel an der Studierbarkeit (?) Ihres Studienganges/Ihrer Fächerkombination in der Regelstudienzeit haben. Bei Studierbarkeitsproblemen können Sie sich auch direkt an die/den Studiendekan/in des betreffenden Fachbereichs wenden.
Kursivierung von mir!

Freitag, 9. November 2007

deutschlandradio, 09.11.2007

den beitrag im
vom 09.11.2007
jetzt nachhören!

FNP, 05.11.2007


Orientbibliothek soll bis 2010 bleiben
Frankfurt (fnp) Der Magistrat soll sich für den Erhalt der Orient-Bibliothek in Frankfurt bis mindestens zum Jahr 2010 einsetzen. In einem entsprechenden Antrag an das Stadtparlament fordert die Linksfraktion, sich dafür beim Kultusministerium sowie bei der Goethe-Universität einzusetzen. Sollte die Verlagerung großer Teile des Bibliotheksbestandes an die Universität Marburg nicht gestoppt werden, könnten Frankfurter Studierende der Orientalistik schon in diesem Monat nicht mehr auf die Fachliteratur zugreifen. Grund sei der Beschluss der CDU-Landesregierung, die kleineren geisteswissenschaftlichen Fächer zu bündeln. In Marburg solle das Zentrum für Nah- und Mitteloststudien entstehen.
Die Orientbibliothek zu verlagern, sei so, als würde man den Juristen Gesetzesbücher samt Interpretationen nehmen, erklärte die Linke. Es sei nicht hinnehmbar, dass die Studierenden an der Goethe-Universität die zum Wintersemester eingeführten Studiengebühren bezahlen müssten und ihnen dann die Bibliothek leer geräumt werde.
dieser Artikel in der FNP!
der Sachstand kann außerdem jederzeit im
Parlamentsinformationssystem eingesehen werden (Suchwort: Orientbibliothek)!

Mittwoch, 7. November 2007

Ansichten eines Orientalistik-Studenten


FRANKFURTER ORIENTALISTEN – wer sind wir, was machen wir, was bewegt uns? Da uns nicht alle kennen, eine kleine Vorstellung. Im Folgenden finden sich einige Hintergründe zu uns, dem Studium an sich und zu unseren Gedanken.

ORIENTALISTIK?
Was macht man da?
Willst Du zum Islam konvertieren?
Sympathisierst Du mit Terroristen?Das sind die Fragen, mit denen man als Student dieses Faches, welches gerne als "exotisch" bezeichnet wird, bisweilen leben muss. Die Inhalte des Studiums sind vielen Menschen nicht bekannt – im Gegensatz zu Jura oder BWL. Dabei handelt es sich um Themen, die verschiedenste Bereiche von Forschung und Lehre tangieren. Mathematik, Philosophie und Kunst sind nur einige der wissenschaftlichen Dimensionen, die durch den Orient eine starke Prägung erfahren haben. Dem weiten - oft unterschätztem - geistigem und kulturellem Erbe des frühen Orients stehen die aktuelle politische und religiöse Bedeutung des Faches gegenüber, ebenso wie natürlich Sprachen und Kulturerfahrung.

WER SIND WIR? WIE SIND WIR?
Man kann davon ausgehen, dass junge Menschen, die sich zu einem Studium im kultur- oder sprachwissenschaftlichen Bereich bewegen, schon relativ vorurteilsfrei der Welt gegenüber sind. Wenn nicht, bekommt man bei uns reichlich Gelegenheit dazu, das "Andersartige" zu begreifen und zu erleben. Die meisten von uns sind Sozial-, Kultur-, Sprach- oder Religionswissenschaftler, die sich besonders für den Orient bzw. den Islam interessieren. Darüber hinaus gibt es in den Sprachkursen jedoch auch eine große Anzahl Teilnehmer aller Fachbereiche, die hier Kenntnisse in den Sprachen Arabisch, Persisch, Türkisch, Hebräisch sowie Syrisch-Aramäisch erwerben oder ausbauen möchten. Hin und wieder finden sich dazu sogar Schüler, Berufstätige oder Rentner als Gaststudenten ein.Die Atmosphäre ist freundlicher als in vielen Massenfächern, da man einander kennt und der Großteil der Studierendendas Fach nicht auf elterlichen Wunsch oder Karriereorientierung hin studiert, sondern sich ob dessen sorgfältig Gedanken gemacht hat und auch eine tiefer gehende Begeisterung für die Lehre mitbringt. Dadurch entwickeln sich gemeinsame Interessen und teilweise auch lebhafte Diskussion. Wir sind aber auch die Studenten der letzten Semester in diesem Fach an der Universität in Frankfurt, denn seit 2005 werden keine neuen Studenten infolge der hessischen Orient-Zentrenbildung mehr aufgenommen. Anfang 2006 wurde uns mitgeteilt, dass wir unser Studium bis 2009/10 beenden müssen, da dann der komplette Umzug von Frankfurt ins neue Zentrum nach Marburg erfolgen soll. Von daher müssen wir mit dem Druck leben, das nicht gerade leichte Studium in der Regelstudienzeit erfolgreich voranzutreiben, und uns mit einer eher eingeschränkten Lehre zufrieden geben, um die wir im Sommersemester 2007 sogar noch kämpfen mussten. Nun jedoch in größerem Ausmaß für unsere Bibliothek, denn ein Studium, ganz besonders das Hauptstudium aufgrund des selbstständigen Arbeitens auf Grundlage vieler Quellen, ist ohne umfassende Literatur nicht möglich.

DER WEG ZUR ORIENTALISTIK
Als gutes Beispiel für die Motivation zum Orientalistik-Studium lässt sich vielleicht meine Geschichte darstellen: Mit 13 Jahren durfte ich mit meinen Eltern auf eine für dieses junge Alter mehr als abenteuerliche Studienreise nach Israel und auf die Sinai-Halbinsel. Eine Woche mit Beduinen und Kamelen durch die Wüste, nur Fladenbrot und Tee zu den Hauptmahlzeiten sowie Nächte unter Millionen von Sternen. Ein derartiges Erlebnis prägt fürs Leben, so dass ich zum Beispiel dann kurz nach meinem 21. Geburtstag zu Hause einen Zettel liegen ließ (meine Familie war gerade selbst verreist): "Ich bin in Marokko. Komme nächste Woche wieder. Hier ist die Adresse ... meine Flüge ..." Es kam eine Lebensphase, in der ich unbedingt mehr über den Orient erfahren wollte. Interesse an Sprachen hatte ich schon lange, so dass Arabisch und Persisch eine neue Herausforderung darstellten. Alsdann war es keine schwierige Entscheidung, Orientalistik zu wählen. Auch wenn es häufig ein harter Kampf mit Übersetzungen ist, die einen viel Zeit und manchmal auch Nerven kosten, und der fortschreitende Abbau des Faches in Frankfurt dem Beschreiten eines steinernen Weges gleichkommt, hat sich die Entscheidung gelohnt.

BESONDERE ERFAHRUNGEN
Was mich in den bisherigen zwei Jahren am meisten beeindruckt hat, war das sehr gute Verständnis unter den Studierenden trotz verschiedenster Herkunft und Religion. Meiner Meinung nach macht man hier die beste Erfahrung, dass Integration und multikonfessionelles Miteinander durchaus möglich und auch in Teilen der Gesellschaft durchgedrungen sind. Dabei erlebt man Geschichten, die leider in der Öffentlichkeit vor lauter kritischer Medienstimmung und Realitätsverzerrung untergehen:Beispielsweise wurde ich zu meinem ersten Kirchenbesuch in Frankfurt von einer muslimischen Kommilitonin bewegt. Eine andere berichtete eines Tages stolz davon, wie sie bei einem Konzert eines islamischen Vereins mit ihren Freunden die Geschlechtertrennung im Saal ignorierte und trotz manch schiefen Blicks den Abend in "gemischter" Runde genoss. Es gibt andere Realitäten. Aber dies ist ebenfalls eine - die jedoch von kaum jemandem wahrgenommen wird, weil sich beide Seiten nicht trauen, aufeinander zuzugehen. Die dafür nötigen "Werkzeuge" kann man bei uns erhalten oder aber auch bestärken. In Afghanistan oder dem Irak hätte ich nur Angst vor Bomben. Aber nicht vor den Menschen. Vielmehr empfinde ich für sie eine tiefe Bewunderung und Faszination. Ich freue mich auf den Tag, an dem ich diese Länder bereisen kann. Bei meinen Orient-Aufenthalten, die sich bisher eher in ruhigen Ländern wie eben Marokko, Jordanien und Ägypten abgespielt haben, konnte ich stets gute Erfahrungen mit den Menschen und der Kultur machen. Die Herzlichkeit, mit der man dort willkommen geheißen wird, fehlt mir häufig in unserer schnelllebigen und kühlen Welt. Ebenso die Zufriedenheit mit den "kleinen" Dingen des Lebens. Es lohnt sich also ein Blick aus anderer Perspektive auf diese Welt, die trotz aller Negativ-Schlagzeilen in vielerlei Hinsicht mehr als einen Hauch von 1001 Nacht bewahrt hat.

PRAXIS
Doch ist der Studiengang Orientalistik natürlich auch von fachlicher und theoretischer Bedeutung, wenn es darum geht, die Unterschiede zwischen unserer Welt und der des Orients zu ergründen und damit auch die den meisten verborgenen Wurzeln der aktuellen Weltkonflikte kennen- und einzuschätzen zu lernen. Sicher sind Gepflogenheiten, die einst für Nomadenvölker eine augenscheinliche Logik hatten und möglicherweise eine Überlebensnotwendigkeit darstellten, heute nicht mehr zeitgemäß und werden dennoch weiter häufig wortwörtlich so ausgelegt und gelebt. Keinesfalls stellt dies eine Rechtfertigung für menschenunwürdige Handlungen dar. Jedoch kann man mit den gewonnenen Einsichten ein gewisses Verständnis entwickeln, welches für die Lösung der Spannungen von größter Wichtigkeit ist. Man neigt in unserer Gesellschaft dazu, vorschnell Schlüsse zu ziehen sowie Veränderungen strikt und von heute auf morgen durchsetzen zu wollen. Die Effekte davon spürt man dann im Zusammenbrechen der Kulturen und Völker, in die wir derart radikal eingreifen. Und in unserem Drang nach einer Welt in "unseren" Maßstäben vergessen wir, wie lange es uns selbst an Zeit gekostet hat, bis wir dort angekommen sind, wo wir heute stehen. Dazu sind auch wir trotz unserer so viel gepriesenen "Zivilisation" und formalen "Rechtsstaatlichkeit" bei weitem nicht die idealen Menschen. Ein Beispiel aus der Lehre: Ein beliebtes Vorurteil im Westen gegenüber dem Islam ist die Polygamie - dass ein Mann mit mehreren Frauen verheiratet sein darf - und das womöglich nur zu seiner Freude. Dabei sieht man die Frauen in einer Opferrolle. Doch von der Idee her - und das wissen leider die wenigsten, zugegeben auch heute noch mancherorts im Orient - war es genau umgekehrt angedacht: Die Möglichkeit der Polygamie sollte z.B. verwitweten Frauen Schutz bieten. Quasi eine Art Sozialversicherung. Der Gedanke war also zumindest für die damalige Zeit sehr fortschrittlich. Aber wer fragt jemals danach?Eine der wichtigsten Erkenntnisse des Studiums lautet: Im Islam gibt es Für und Wider wie in allen Religionen, und vor allem gibt es nicht "DEN" Islam, wie er gerne von westlichen Gesellschaften bezeichnet wird. Es gibt unzählige verschiedene Richtungen mit verschiedenen Glaubensauffassungen, die sich teils fremd oder gar verfeindet sind. Dies zu akzeptieren, ist wichtig für einen vorurteilsfreien Umgang mit Muslimen - ganz gleich ob hier oder im Ausland.

FAZIT
Orientalistik, ganz gleich ob als reine Orientalistik oder auch mit islamwissenschaftlichem (religiösem) oder arabistischem (sprachlichem) Schwerpunkt, ist ein facettenreiches und wertvolles Fach, dessen Bedeutung gerade in den letzten Jahren zugenommen hat. Mit dem 11. September setzte ein großer Zulauf ein (welcher durch die Abschaffung des Faches in Frankfurt abrupt abgebrochen wurde): Mehr Menschen möchten mehr über den Islam erfahren. Mehr Menschen möchten Arabisch lernen, da Nordafrika, Naher und Mittlerer Osten auch weiterhin beliebte Reiseziele bleiben und die Golfstaaten durch ihren rasanten wirtschaftlichen Aufstieg eine neue Façon orientalischer Faszination ausstrahlen. Nicht zuletzt stellen die genannten geistigen Erbe (also etwa Mathematik, Medizin, Philosophie) eine bedeutende Basis für verschiedene Wissenschaften dar.

UNSERE BIBLIOTHEK
Um Argumente gegen den Umzug hier auszuklammern, denn Argumente sind in den Beiträgen reichlich genannt: Unsere Bibliothek ist meist ein Ort der Ruhe, im Gegensatz zu den größeren Lesesälen der Universität. Deshalb lernt man hier zeitweise auch für andere Fächer. Zugegeben ist sie wegen dem Alter des Gebäudes und dessen allgemeinem Zustand nicht der idyllischste Ort auf dem Campus, jedoch ein wenig gemütlich und umgeben von einer Atmosphäre, die man nach dem möglichen Umzug sicher vermissen würde.

DIE POLITIK DER ZENTRENBILDUNG
Unsere Bemühungen drehen sich derzeit lediglich um die Bibliothek der Orientalistik, um den uns zugesicherten Abschluss des Studiums bis 2009/10 erreichen zu können. Dazu gibt es auf unserem Blog reichlich Informationen in Form von Pressemitteilungen und -berichten. Dennoch ist es wichtig, an dieser Stelle noch einmal einige Worte allgemein zur Zentren-Bildung zu erwähnen:Über den Sinn von wenigen (Orient-)Zentren, welche die Kräfte einer Region bündeln sollen, wurde bereits viel geschrieben. Die unter Lehrenden und Studierenden weit verbreiteten Ansichten sind dabei klar: Universitäten dürfen nicht zu Bildungsmärkten in Massenfächern verkommen, sondern sollen die Lehre in ihrer Breite beibehalten. Denn sind es nicht gerade die "exotischen" Fächer, die einer Universität das Besondere verleihen? Die eine Universität, einen "Ort des Wissens" erst zu diesem machen? Leider sehen das die sich vermehrt ins Universitätsleben einmischenden international agierenden Firmen und vor allem die Universitätsleitungen mit anderen Augen. Sind nicht gerade die Nebenkompetenzen, die man in diesen Fächern gewinnen kann, heute so sehr gefragt? Unternehmen reicht es schon lange nicht mehr, wenn Bewerber mit Englisch als einziger Fremdsprache daher kommen oder Studenten einfach ein BWL- oder Politikwissenschaftsstudium mit einer guten Note abschließen, ohne daneben weiter reichende Qualifikationen erworben zu haben. Deshalb ist es mehr denn je erstrebenswert, sich im Studium einen - oder auch mehrere - regionale und sprachliche Schwerpunkte setzen zu können. Ob das Indien, China oder eben ein orientalischer ist, steht dann im eigenen Interesse. Denn jegliche kulturelle Kompetenz ist eine wertvolle, Basis für konstruktive Dialoge und Gedanken, die über einen gewissen Horizont hinausgehen. Durch Zentrenbildungen wird man in seiner persönlichen Studienwahl weiter eingeschränkt, als es sowieso schon wegen Wohnmöglichkeiten, Studienordnungen und aus anderen studientechnischen Gründen der Fall ist. Viele Studierende müssen einen Kompromiss eingehen - gehe ich an das Zentrum meines Wunschfaches und gebe mich mit anderen Haupt-/Nebenfächern zufrieden - oder lasse ich aufgrund möglicherweise besserer Berufschancen in einem anderen Fach, zwecks Wohnungsnähe meinen Traum vom Studium des Faches verfliegen? Jungen Menschen diese Entscheidungen zu erschweren ist ein unbedachtes Vergehen gegen talentierten Nachwuchs einer Generation, die es in all diesen Punkten zu fördern gilt. Deutschland war immer eine Nation von herausragender Hochschulbildung. Nicht umsonst können wir uns auch in diesem Jahr wieder über Nobelpreisträger freuen, nicht umsonst kommen so viele Studenten aus anderen Ländern zu uns. Wir haben eine hoch qualifizierte Lehre, eine breite Lehre – und besonders: eine freie und kritische Lehre. Das alles sollte man nicht aufgeben in der Gier nach einem Platz unter den Top-Universitäten der Welt. Studenten sind keine Kunden, sondern die Gesellschaft von morgen! Schließlich sollte es in Frankfurt, der Stadt, die sich so gerne als Vorbild von Multikulturalität und Integration bezeichnet, eine Selbstverständlichkeit sein, Kulturwissenschaften in einer großen Varietät studieren zu können.Die Orientalistik ist – wie alle gelehrten Fächer – ein wertvolles Studium, welches in jedem Fall erhaltens- und fördernswert sein sollte.
JAN K.

Stellungnahme von Prof. Daiber gegenüber dem Präsidium der Goethe-Uni


Sehr geehrter Herr Präsident, die Pläne der Johann Wolfgang Goethe-Universität, sich in eine Stiftungsuniversität umzuwandeln und die angestrebte Neuprofilierung der Universität im Rahmen von geisteswissenschaftlichen Zentrenbildungen haben mich zu vorliegendem Brief veranlasst.
Es stellt sich zunehmend heraus, dass die schwerpunktmäßige Verlagerung der Orientalistik nach Marburg das wissenschaftliche Profil der in Frankfurt vorhandenen Fächer erheblich zu beeinträchtigen droht; orientalistische Lehrveranstaltungen, beschränkt auf Sprache und Literatur, sollen weder für die neu eingerichtete Studienrichtung Empirische Sprachwissenschaft noch für die neu eingerichtete Studienrichtung Islamische Religionswissenschaft in der Theologischen Fakultät angeboten werden.
Diese Verbannung Orientalischer Philologie, mit den Schwerpunkten Sprache und Literatur des Arabischen, Persischen und Syrisch-Aramäischen, aus dem Angebot der Frankfurter Universität ist kontraproduktiv und im globalen Zeitalter schlichtweg nicht akzeptabel. Sie vernichtet die Voraussetzung für grenzüberschreitende Tätigkeiten der vorhandenen Fächer, auch der Fächer außerhalb der früheren Philosophischen Fakultät. Schwerpunkte der Frankfurter Universität, die ihr besonderes Ansehen etwa auf dem Gebiet der Geschichte, insbesondere der Wissenschaftsgeschichte verschafft haben, aber auch ein neu eingerichtetes Zentrum wie die Ostasienwissenschaften sollten gegebenenfalls auf ein Minimum orientalistischen Lehrangebots, nämlich zu Sprache und Literatur, zurückgreifen können. Arabische Sprache und Literatur wird auch von den Muslimen in Indien, Südostasien und China gepflegt und hat dort Kulturen und deren Sprachen geprägt.
Besonders gravierend droht der Wegfall Orientalischer Philologie für die Judaistik der Frankfurter Universität zu werden. Das Fach Judaistik, das im Rahmen der Zentrenbildung zum Schwerpunkt der Frankfurter Universität gemacht worden ist, kann nicht auf arabische Sprache und Literatur verzichten, sofern es sich auf die Begegnung des Judentums mit dem Islam vor allem im Mittelalter konzentriert. Der Beitrag arabisch-islamischer Literatur und Kultur zur Formung von Theologie, Philosophie und Wissenschaften im jüdischen Mittelalter ist ein Gebiet, das von eminenter Bedeutung auch für die aktuelle Auseinandersetzung zwischen Judentum und Islam ist. Wer sich mit dem jüdischen Gelehrten Maimonides aus dem 12./13. Jh. beschäftigt, wird dies nicht ohne Kenntnis arabischer Literatur, etwa zur Theologie, Philosophie und Medizin, tun können.
Die Bedeutung der Orientalischen Philologie für die Judaistik ist bereits von den Gründern der Frankfurter Universität erkannt worden. Der aus Frankfurt stammende und 1865 nach Amerika emigrierte jüdische Bankier Jakob Heinrich Schiff (1847-1920), der zu den Gründern der Frankfurter Universität gehört und dessen Name heute noch eine Straße in Eschersheim trägt, stiftete am 15. Juli 1913 einen „ordentlichen Lehrstuhl für Semitische Philologie mit Berücksichtigung der targumischen und talmudischen Literatur an der in Frankfurt am Main zu begründenden Universität, und, falls nach dessen Dotierung noch aus den Jahreszinsen ein Betrag verfügbar ist, etwaiger dem Lehrstuhl angegliederter Institute oder Einrichtungen“. Im Vorfeld war in der von dem Rabbiner M. Rahmer gegründeten Zeitschrift Jüdisches Litteratur-Blatt Jg. 33, 1911, S. 49-54) von H. Bahr bereits die Notwendigkeit eines Lehrstuhls für talmudische Forschung an der geplanten Frankfurter Universität diskutiert worden, allerdings als Hilfe für die Auslegung des in jüdischer Umgebung entstandenen Neuen Testaments. Diese Diskussion wird später, in er Stellungnahme dahingehend präzisiert, daß die zu gewinnende Person für den Lehrstuhl jemand sein müsse, „der mit dem innersten Geiste dieser (sc. talmudischen) Überlieferungen womöglich durch eine rabbinische Erziehung vertraut und doch in strengem Sinne Semitist ist, so dass er, woran es in jenen dilettantischen Bemühungen zumeist fehlt, neben dem Hebräischen auch die übrigen semitischen Sprachen, vor allem das Arabische und Syrische wirklich beherrscht“.
Dieser von Schiff gegründete Lehrstuhl ist der Beginn der Orientalistik in Frankfurt, die in der Person von Josef Horovitz (geb.1874) bereits einen namhaften Vertreter hatte. Horovitz baute das Frankfurter Orientalische Seminar auf, dessen Direktor er von 1915 bis zu seinem vorzeitigen Tod 1931 er gewesen ist. Horovitz ist bekannt geworden vor allem durch seine arabischen Editionen einer Prophetenbiographie und durch seine Untersuchungen zum Koran und dessen jüdischen Hintergrund. Er arbeitete an einer Konkordanz zur altarabischen Poesie, ein Projekt, das lange nach seinem Tode, auch mit Beteiligung des Frankfurter Orientalischen Seminars abgeschlossen wurde und 1999 im Druck erschien.
Bei Horovitz habilitierte sich 1931 der Orientalist Martin Plessner (1900-1973) für Semitische Philologie und Islamkunde; er hielt im selben Jahr seine Antrittsvorlesung zur Erlangung der venia legendi über „Die Geschichte der Wissenschaften im Islam als Aufgabe der modernen Islamwissenschaft“, damit eine Idee vorwegnehmend, die heute in dem Frankfurter, von Fuat Sezgin 1982 gegründeten und durch eine Stiftung arabischer Länder finanzierten Institut für Geschichte der Arabisch-Islamischen Wissenschaften verwirklicht worden ist. Die Geschichte der Wissenschaften, unter Einbeziehung des Arabischen, das er neben dem Chinesischen beherrschte, war das Spezialgebiet des 1905 geborenen und 1981 verstorbenen Willy Hartner, der nach dem 2. Weltkrieg 1946 zum Ordinarius für Geschichte der Naturwissenschaften ernannt wurde. Sein Nachfolger wurde 1985 David King (geb. 1941), dessen Schwerpunkt die islamische Astronomie und islamische astronomische Instrumente ist. Mit dessen Ausscheiden wurde seine Stelle aufgehoben.
Parallel zu dieser wissenschaftshistorischen Tradition finden wir im Frankfurter orientalistischen Wissenschaftsbetrieb in der Person von Gotthold Weil (1992-1960) einen Vetreter der sprachhistorischen und literaturgeschichtlichen Forschung. Weil ist der Nachfolger von J. Horovitz und hatte von 1931 bis 1935, bis zu seiner Emigration nach Palästina, dessen Stelle inne. Nach Weil wurde die Stiftungsprofessur für „Semitische Philologie“ unter der Naziherrschaft und infolge der Kriegswirren nicht mehr besetzt; wir erfahren lediglich von einem Lehrauftrag für Arabisch und Islamkunde, den J. Fück im Jahr 1936 wahrgenommen hat. Im Jahre 1939 wurde das Stiftungsvermögen der Allgemeinen Hochschulstiftung, der Dr. Adolf Varrentrapp-Stiftung zugeführt.
Doch 1950 kam in der Person von Hellmut Ritter (1892-1971) ein international renommierter Orientalist und Kenner der arabisch-persisch-türkischen Philologie, der sich besonders um die Erschließung arabischer und persischer Literatur durch Handschriftenkataloge, Editionen und Übersetzungen verdient gemacht hat. Er brachte seine noch heute einzigartige Sammlung von etwa 5000 Bänden hauptsächlich arabischer und persischer, aber auch türkischer Werke aus Istanbul mit, wo er seit 1926 als Leiter der Zweigstelle der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft gewirkt
hatte. Eine Zerschlagung dieser Bibliothek und ein Teiltransfer nach Marburg ist daher nicht annehmbar.
Nach Ritters Emeritierung im Jahre 1956 folgte ihm auf dem Lehrstuhl Rudolf Sellheim (geb. 1928), dessen Hauptwerk die Katalogisierung und Auswertung arabischer Handschriften für die Literaturgeschichte ist. Ihm folgte 1995 Unterzeichneter (geb. 1942), der sich gleichfalls mit der Katalogisierung arabischer Handschriften beschäftigte, sich in seinen Arbeiten auf die Rolle des Islam zwischen Antike und Mittelalter konzentrierte und einem Urteil von Martin Plessner zufolge in seiner Dissertation (1967; gedruckt 1980) die griechisch-arabische Übersetzungsliteratur als Quelle für die griechische Sprachgeschichte entdeckt hat; er gibt die Reihe „Aristoteles Semitico-Latinus“ über das Fortleben des aristotelischen corpus in arabischer, syrischer, hebräischer und arabisch-lateinischer Überlieferung (seit 1975, 19 Bände) sowie die Reihe „Islamic Philosophy, Theology and Science. Texts and Studies“ (seit 1982, 73 Bände) heraus.
Der vorausgehenden Übersicht kann der Leser unschwer Richtungen der Frankfurter Orientalistik entnehmen, die dem Komplex Judentum-Islam (Horovitz, Weil, Daiber) zuzuordnen sind oder der arabischen Sprachgeschichte (Weil, Daiber) oder der Literaturgeschichte (Horovitz, Ritter, Sellheim, Sezgin, Daiber) oder der arabisch-islamischen Wissenschaftsgeschichte (Plessner, Hartner, King, Sezgin, Daiber) und der islamischen Philosophie und Theologie (Daiber).
Die genannten Richtungen setzen die Erschließung und das Studium arabischer Dokumente voraus, das heißt einen Aspekt der Orientalistik, der in dieser Komplexität nicht von einer Universität bewältigt werden kann, die sich auf islamische Geschichte, Religion oder die heutige islamische Welt konzentriert.
Vor allem aber ist das Studium der Islamischen Religionswissenschaft in der Theologischen Fakultät der Frankfurter Universität nicht ohne eine solide Kenntnis arabischer Sprache und Literatur möglich.
Ferner ist es völlig anachronistisch, in der Frankfurter Universität ein Fach Empirische Sprachwissenschaft anzubieten, das orientalische Sprachen ausschließt.
Der wichtigste Grund ist aber die aus der oben skizzierten Geschichte der Disziplin erwiesene Tatsache, dass die Judaistik in ihrem schwerpunktmäßigen Ausbau nicht auf arabische Sprache und Literatur verzichten kann, auch und vor allem dann, wenn es um Aspekte des Sprach- und Kulturaustausches zwischen Judentum und Islam geht.
Die genannten Aspekte rechtfertigen das wissenschaftsgeschichtlich erwiesene und wissenschaftstheoretisch notwendige Wiederaufleben einer alten Frankfurter jüdischen Stiftung, des von Jakob Heinrich Schiff 1913 gestifteten Lehrstuhls für semitische Philologie, wobei entsprechend dem Profil der Frankfurter Orientalistik dieser Lehrstuhl sich auf Orientalische Philologie konzentrieren muß, mit besonderer Berücksichtigung arabischer Sprache und Literatur.
Eine Einbettung dieses Lehrstuhls in die Studienrichtung der empirischen Sprachwissenschaft und dessen Funktion für die vergleichende Sprachbetrachtung, für die Judaistik, für die Islamische Religionswissenschaft und für historische Fächer, etwa Wissenschaftsgeschichte, widersprechen nicht dem Ziel einer Zentrenbildung. Denn die in Frankfurt angestrebte philologische Akzentuierung der Orientalistik dient den Schwerpunkten der Frankfurter Universität.
Die optimale Gestaltung dieser Schwerpunkte der Frankfurter Universität, insbesondere der Judaistik, darf nicht den Interessen der Marburger Universität geopfert werden. Das ist die Frankfurter Universität ihrem Ruf schuldig, aber auch ihrer Tradition als einstige und zukünftige Stifteruniversität und vor allem aber ihrem Namenspatron, Johann Wolfgang von Goethe, der in seinem West-östlichen Diwan sagte: „Wer sich selbst und andere kennt, wird auch hier erkennen: Orient und Okzident sind nicht mehr zu trennen“.
Ich bitte Sie daher im Interesse der Frankfurter Universität, ihres Profils und ihres Ansehens dringend, meinen Vorschlag ernst zu nehmen, die orientalistische Professur mit dem Profil Orientalische Philologie, mit besonderer Berücksichtigung arabischer Sprache und Literatur wiederzubesetzen.
Prof. Dr. Hans Daiber, Orientalisches Seminar Frankfurt

Dienstag, 6. November 2007

Kommentar von Anna Willich (Orientalistik-Studentin)


"Schon 2009/2010 würden die neuen Zentren evaluiert, daher müsse gehandelt werden." Dies ist der wahrscheinlich entscheidenste Satz. Darauf wurden wir Studenten auch in der Senatssitzung hingewiesen. Wichtig für die Entscheidung der Verlegung ist nicht, ob Studenten angemessen studieren können (Bücher wären da wohl eine Grundvoraussetzung), sondern der Ruf eines neu gegründeten Zentrums. Aber nicht nur das neue Orient-Zentrum in Marburg wird 2009/2010 einer Bewertung unterzogen, sondern auch wir, die Studenten der Orientalistik Frankfurt. Und es wäre mir äußerst unangenehm, wenn ich in dieser Bewertung, also meiner Magisterprüfung zugeben müsste: "Ein paar Bücher habe ich gelesen. Halt die, die da waren. In Marburg war ich leider nicht so oft, um die für meine Begriffe wichtige Literatur zu besorgen, weil ich arbeiten musste, um 750 Euro Studiengebühren zahlen zu können (Wieviele Bücher hätte ich davon wohl kaufen können???). Noch ein Semester dran hängen geht auch nicht, da das Institut geschlossen wird...." Das wäre unangenehm. Nicht nur für mich, sondern auch für eine Universität, die Studenten zu so einer Halbbildung zwingt und damit in die Arbeitswelt entlässt!!!!!
Anna Willich
LEST BITTE AUSSERDEM DEN KOMMENTAR ZUM LESERBRIEF
VON DR. AGNES KORN!

Freitag, 2. November 2007

FR, 01.11.2007 (Leserbrief Dr. Agnes Korn)


http://fr-online.de/frankfurt_und_hessen/nachrichten/frankfurt/?em_cnt=1236959&sid=9f90974c149a64dbb6cb0521639987d5
"Uni-Sprecher Olaf Kaltenborn" wird mit der Aussage zitiert, vom Abzug der iranistischen Teile der Orientalistik-Bibliothek sei "fast kein Student oder Wissenschaftler betroffen". Diese Meinung zeigt einen geringen Informiertheitsgrad über die an der Universität Frankfurt geleistete Forschung und Lehre. Durch den Abzug würden folgende Personen direkt eingeschränkt: der im Bericht erwähnte Forschungsmitarbeiter Dr. Zakeri; der Lektor für Persisch, Dr. Eschraghi, und die etwa 60 Studierenden seiner Kurse; T. Jügel, M.A., Stipendiat des Graduiertenkollegs "Satzarten", der seine Doktorarbeit im iranistischen Bereich schreibt, und die TeilnehmerInnen seiner iranistischen Lehrveranstaltungen; die WissenschaftlerInnen der Vergleichenden Sprachwissenschaft, Prof. Dr. Gippert und ich, die wir schwerpunktmäßig über Iranistik forschen sowie die Studierenden dieser Kurse; auch die Turkologen und Religionswissenschaftler sind auf die Bestände der orientalistischen Bibliothek angewiesen. Der geplante Bibliotheks-Umzug zeigt die Fragwürdigkeit von Planungen ohne Einbeziehung der Betroffenen.
Agnes Korn, Frankfurt