Dienstag, 30. Oktober 2007

FR, 30.10.2007



URL: http://www.fr-online.de/frankfurt_und_hessen/campus/?em_cnt=1235333
Asta stützt Orientalisten
"Schade für die Uni"

Die geplante Verlegung großer Teile der Orientalistik-Bibliothek von der Frankfurter Goethe-Uni nach Marburg kritisiert der Allgemeine Studierenden-Ausschuss (Asta) scharf."Mit der Amputation einzelner Bibliotheken wird der gesamten Johann Wolfgang Goethe-Universität Schaden zugefügt", sagt die Asta-Vorsitzende Anja Engelhorn. "Die Orientalistik ist relevant für die gesamten sprach-, kultur-, geschichts- und religionswissenschaftlichen Disziplinen." lem

AStA-Stellungnahme


Verbesserung der Studienbedingungen? – Orientalistik fortan ohne Literatur
Erst jüngst wurde dem AStA der Johann Wolfgang Goethe-Universität bekannt, dass Anfang der vergangenen Woche das Präsidium der Universität die Verlagerung der Hauptbestände der
Orientbibliothek bereits diesen November anstrebt. Der AStA hält dies für nicht hinnehmbar.
Bis zum Jahr 2010 war den derzeitigen Studierenden der Orientalistik verbindlich zugesichert worden, ihr Studium problemlos zu Ende führen zu können. Daher wurden erst im vergangenen Jahr, auf den Protest der Studierenden hin, dem Seminar weitere Mitarbeiter zugestanden. „Doch auch diese können weder Lehre, noch Forschung aufrecht erhalten, wird ihnen die Grundlage ihrer Arbeit, die Bücher, entzogen.“, beklagt AStA-Vorsitzende Anja Engelhorn die Vorgehensweise der Verantwortlichen.
Der stellvertretende Universitätspräsident Ebsen betonte hingegen vor dem Senat, „bloß unwichtige Bestände“ würden verlagert. „Diese Aussage ist in keiner Weise nachvollziehbar: Es handelt sich um etwa Zweidrittel der gesamten Bestände der Orientalistik und beispielsweise die gesamten Arabischen Texte.“, korrigiert AStA-Referent für Hochschulpolitik David Malcharczyk. „Wieder bagatellisiert das Präsidium ihr unverantwortliches Fehlverhalten. Uns erwartet die Absurdität einer Orientalistik ohne orientalische Literatur.“
„Mit der Amputation einzelner Bibliotheken wird der gesamten Universität Schaden zugefügt.“, gibt Engelhorn zu bedenken. „Die Orientalistik ist relevant für die gesamten sprach-, kultur-, geschichts- und religionswissenschaftlichen Disziplinen.“ Daher reden Dekane all dieser Fachbereiche gegen den Umzug. Die im orientalistischen Seminar Beschäftigten sprechen mittlerweile von einem Berufsverbot. Berechtigter Weise; weder Lehre noch Forschung wird nach AStA-Einschätzung weiterhin möglich, sollte der Umzug vollzogen werden.
Das Verständnis des Vizepräsidenten Ebsen für die Studierenden zeigen seine Statements im Senat. Nach seiner Ansicht bedarf ein Hauptstudium weniger Bücher als die Grundlagenschaffung. Wer solche Aussagen tätigt, sollte fortan nicht mehr von guter, geschweige denn exzellenter wissenschaftlicher Arbeit reden dürfen.
Ohnehin empfindet der AStA die geisteswissenschaftliche Zentrenbildung in deren Rahmen die Frankfurter Bestände nach Marburg transferiert werden sollen, als äußerst problematisch. Interdisziplinäre Zusammenarbeit an der Hochschule wird somit über die Maße erschwert. Einen Beweis dafür, dass der Fortbestand der Orchideenfächer kein besonderes Anliegen bei diesen Bestrebungen sein kann, ist mit den derzeitigen Vorgängen offenbar geworden. Es handelt sich um ein nicht durchdachtes Konzept, welches die Orchideen der Hochschullandschaft verwelken lässt und nur Probleme mit sich bringt.
Am 08. November soll eine Senatskommission zusammenkommen, um die Problematik zu diskutieren. Der letzte Professor der Orientalistik Daiber hat dem Präsidium bereits nahegelegt den permanenten Verbleib der Bücherbestände vor Ort anzudenken. Diese Konsequenz ist die ausdrückliche Forderung des AStA. Die gewachsenen Strukturen der gesamten Universitätsbibliothek Frankfurt müssen bestehen bleiben. Interdisziplinarität bringt die Forschung weiter als jede vermeintliche Exzellenz.
Der AStA-Vorstand Anja Engelhorn und Anja Muhr

Sonntag, 28. Oktober 2007

FR, 28.10.2007




Orientalisten kämpfen um Bibliothek
Studierende fürchten um Qualität der Lehre, wenn zehntausende Bücher nach Marburg umziehen

VON JUTTA MAIER -- Foto: Boeckheler
Mohsen Zakeri, Forschungsmitarbeiter des Orientalischen Seminars, zieht ein ebenso reich verziertes wie vergilbtes Buch aus dem Regal: einen Band der " Geschichte des osmanischen Reiches" von 1843. "Das sind Museumsstücke", sagt Zakeri und streicht über die Buchrücken, "so eine Bibliothek wie hier gibt es sonst nirgendwo auf der Welt."Lange werden diese Schätze nicht mehr in Frankfurt stehen. Denn wie am Orientalischen Seminar erst vorige Woche bekannt wurde, soll laut eines Briefes von Vize-Universitätsleiter Ingwer Ebsen bereits im Laufe des Novembers mit dem Transfer der 40 000 Bücher starken Frankfurter Bibliothek nach Marburg begonnen werden. Im Zuge der Bündelung von kleinen, geisteswissenschaftlichen Fächern in Zentren wird in Marburg ein Zentrum für Nah- und Mittelost-Studien aufgebaut, in dem die hessische Orientforschung konzentriert wird. Im Gegenzug muss Marburg nach den Plänen der Landesregierung auf die Turkologie, die in Gießen bleibt, sowie auf die Frankfurter Judaistik verzichten. An der Goethe-Universität wird das Zentrum für Ostasien-Wissenschaften angesiedelt, Gießen erhält das Zentrum östliches Europa.
Im Orientalischen Seminar regt sich Protest gegen den plötzlichen Büchertransfer. "Ohne unsere Bücher ist es unmöglich, in der Regelstudienzeit bis 2010 zu Ende zu studieren, wie es uns zugesichert wurde", sagt Mirko Roth, studentische Hilfskraft in der orientalischen Bibliothek.Besonders empört über den Abzug der Bücher sind die Studierenden wegen der in diesem Semester eingeführten Studiengebühren. Sie kämpfen mit einer Unterschriftenaktion dafür, dass der Transfer des Bestands erst 2010 über die Bühne geht. Am Mittwoch übergaben sie im Senat rund 250 Unterschriften. Auf Seiten der Universitätsleitung wird abgewiegelt. Uni-Sprecher Olaf Kaltenborn sagt, es handle sich um ein "reines Problem des Übergangs". Die Bücher würden etappenweise nach Nordhessen transferiert. Dort müssen die analogen Bestände erstmal digitalisiert werden. Für die erste Tranche seien bewusst die Bestände der Iranistik ausgewählt worden. "Davon ist fast kein Student oder Wissenschaftler betroffen", sagt Kaltenborn. Zudem würden den Studierenden die notwendigen Bücher über einen Semesterapparat weiter zur Verfügung stehen. Der Transfer soll bis 2010 abgeschlossen sein - dann wird der Lehrbetrieb in der Frankfurter Orientalistik endgültig eingestellt.Doch Mirko Roth und seine Kommilitonin Anja Pfeffermann fürchten, dass der Bibliothek mit dem Abzug des umfassenden Iranistik-Bestandes das "Rückgrat" fehlen wird. Auch ein Wechsel nach Marburg als Ausweg sei schwierig, weil die Orientalistik dort als Bachelor- in Frankfurt aber als Magisterstudiengang angeboten werde.Wenig Verständnis hat auch der Orientalistik-Professor Hans Daiber, dessen Pensionierung um zwei Jahre verschoben wurde. Er bezeichnet den geplanten Büchertransfer als "großen Verlust für die geisteswissenschaftlichen Fächer der Goethe-Universität". Die Bibliothek müsse allein schon wegen der Verflechtung mit den Religionswissenschaften, dem Zentrum der Wissenschaftsgeschichte, der Judaistik, Afrikanistik und Sprachwissenschaft in Frankfurt bleiben. Zudem entstünden in Marburg Dupletten, weil viele Werke bereits durch den Transfer aus Gießen im Bestand seien. Wenn die Bibliothek schon aufgelöst werden müsse, dann nur als ganzes, sagt Daiber. "Die Aufteilung des Bestands wäre eine Todsünde, weil er in der Zusammensetzung einzigartig ist".Von 2010 an soll in Frankfurt nur noch eine Lektorenstelle für Arabistik zur Verfügung stehen, orientalische Sprachen würden dann als Nebenfach angeboten. Trotzdem pflegt Daiber weiter die Hoffnung, dass die Orientalistik in Frankfurt noch eine Chance bekommt. Immerhin sei der Lehrstuhl am orientalischen Seminar eine Stiftung des jüdischen Bankiers und Universitätsmitbegründers Heinrich Schiff.

Orientbibliothek 2007

Samstag, 27. Oktober 2007

FAZ, 23.10.2007


FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG
SEITE 54 - DIENSTAG, 23. OKTOBER 2007 - NR. 246

Studieren ohne Bücher
Weiter Ärger über Zentrenbildung in Hessen


FRANKFURT/MARBURG. Im Orienta­lischen Seminar der Universität Frank­furt protestieren die Studenten für den Erhalt ihrer Bibliothek. Schon im No­vember sollen, wie ihnen erst jetzt mit­geteilt wurde, große Teile des Bestan­des an die Universität Marburg ge­bracht werden. Dort entsteht das Zen­trum für Nah- und Mitteloststudien, seit die Landesregierung beschlossen hatte, die kleineren geisteswissen­schaftlichen Fächer zu bündeln. Im Ge­genzug wird das Marburger Japanzen­trum geschlossen; eine erste Ladung Bücher soll nun nach Frankfurt kom­men, wo das Fach wetterbetrieben wird.
Allerdings war schon eingeschriebe­nen Studenten garantiert worden, ihr Studium an der eigenen Hochschule ab­schließen zu können. Frühestens 2010, heißt es, würden die Standorte geschlos­sen. Die Frankfurter Orientalisten, die nun die ersten Studiengebühren ent­richten mussten, haben ihre Kommilito­nen im Senat, der morgen tagen wird, um Amtshilfe gebeten: Das Vorenthal­ten wissenschaftlicher Literatur sei Grund für eine Klage auf Rückerstat­tung der Gebühren.
Der Frankfurter Uni-Vizepräsident Ingwer Ebsen sagte gestern, die schritt­weise Bibliotheksverlagerung sei „ei­nes der schwierigen Übergangsproble­me des Zentrumskonzeptes". Schon 2009/2010 würden die neuen Zentren evaluiert, daher müsse gehandelt wer­den. Dies solle das Studium möglichst wenig beeinträchtigen. Mit Marburg sei ausgemacht, etwa durch Semesterappa­rate in Frankfurt die Literaturversorgung sicherzustellen.
Deutlicher noch als die Kritik der Stu­denten fällt jene der Wissenschaftler aus, die sich ebenfalls im Senat zu Wort melden wollen. Der Frankfurter Orien­talistikprofessor Hans Daiber sagte, er habe erst durch Ebsens Brief vom 15. Oktober von der kurzfristig bevor­stehenden Teilauflösung der Bibliothek erfahren, bei der auch die wichtige Arabistikliteratur weggebracht werden soll. Studenten und Forscher benötig­ten den Buchbestand, außerdem werde er von der Judaistik und der Religions­wissenschaft, zumal dem neu etablier­ten Schwerpunkt Islam, genutzt. Die ge­plante Teilung bedeute Zerstörung: Wenn überhaupt, so Daiber, solle die Bi­bliothek komplett transferiert werden. Daiber, der jetzt hätte emeritiert wer­den sollen, wird noch bis 2009 lehren und prüfen.
Der Bibliotheksumzug ist nur eine Folge der von allen Beteiligten unge­liebten Zentrenbildung. Schon im April hatten Orientalistik-Studenten protes­tiert, weil die nach der Verlegung einer Wissenschaftlerstelle nach Marburg versprochene Aufstockung des Lehran­gebots unterblieben war. Der Frankfur­ter Sprachwissenschaftler Jost Gippert sagte, schon jetzt dürften sich Studen­ten nicht mehr für den neugeschaffe­nen Studiengang Empirische Sprach­wissenschaften mit dem Schwerpunkt orientalische Sprachen einschreiben. In Zukunft soll es laut Ebsen nur eine Lektorenstelle für Arabisch an der Uni­versität geben. Heinrich Menkhaus, Marburger Professor für japanisches Recht, hält einen Umzug der Japan-Bi­bliothek für nicht sinnvoll, zumindest nicht, bevor das gesamte Zentrum „ab­gewickelt" sei. Frankfurt habe man die philologischen Bestände angeboten, da dieses Fach in Marburg nicht gelehrt werde.
Noch unklar ist das Schicksal der Frankfurter Turkologie. Dass die Ju­daistik, die ursprünglich zur Dispositi­on stand, nach Protesten sogar zu ei­nem Frankfurter Schwerpunkt erklärt wurde, lässt Daiber hoffen: Seine Pro­fessur beruhe auf der Stiftung eines jü­dischen Mitbegründers der Universi­tät, des Bankiers Heinrich Schiff. Die­ses Erbe zu vernachlässigen könne nicht im Sinne der künftigen Stifungs­universität sein. EVA-MARIA MAGEL

Freitag, 26. Oktober 2007

Stellungnahme der Studierenden vor dem Senat


Der Protest der Studierenden der Orientalistik richtet sich nicht gegen die umstrittene Zentrenbildung geisteswissenschaftlicher Disziplinen, sondern allein gegen den Transfer der Orientbibliothek nach Marburg im Zuge dieser Zentrenbildung.
I. Für ein Verbleiben der Orientbibliothek in Frankfurt bis mindestens 2010 spricht:
die Zusage von Seiten der Universität und deren Verantwortlichen, dass Studenten bis 2010 ihr Studium in FFM mit dem Magister im Fach Orientalistik abschließen dürfen.
Im vergangenen Sommersemester wurden – erst nach studentischem Protest – zwei Mitarbeiterstellen angehoben, um das Unterrichtsangebot aufrechterhalten zu können. In keinem folgerichtigen Zusammenhang steht daher der geplante Abzug der Bibliothek: Wie ein Studium in Regelstudienzeit absolvieren ohne Bücher; wie überhaupt studieren ohne Bücher???
Weiterhin sollten die allgemeinen Studiengebühren, die auch von uns Orientalistikstudenten gezahlt wurden, unsere Studienbedingungen verbessern und nicht verschlechtern:
· UniReport (online-Ausgabe), August 2007, S.1, 3 u.4
· Udo Corts: www.muk.uni-frankfurt.de/Studienbeitraege/doc/01-Studienbeitraege-corts.pdf, S. 2 unten
· Steinberg: www.muk.uni-frankfurt.de/Studienbeitraege/index.html
· Uni-Satzung: www.muk.uni-frankfurt.de/Studienbeitraege/doc/HMWKgenehm_Satzung.pdf, S. 8, § 10.
II. Für einen Verbleib der Orientbibliothek in Frankfurt überhaupt spricht:
· Eine Bibliothek ist ein Organismus, dem man nicht einzelne Teile abtrennen kann, ohne immense Einschränkungen in der Funktionalität zu provozieren. Die Bestände verweisen aufeinander und so würden manche Titel unbrauchbar oder unauffindbar werden.
· Die Orientalistik hat an der Universität eine lange Tradition, denn schon 1913 wurde ein Lehrstuhl für semitische Philologie von einem jüdischen Bankier, Jakob Heinrich Schiff, gestiftet, welcher die judaistische Forschung und Lehre ergänzen und erweitern sollte. In Zeiten des Wandels der Goethe-Uni zu einer Stiftungsuniversität könnte man sich seiner Wurzeln besinnen!
· Weiterhin ist die Bibliothek mit anderen Instituten vernetzt. So gab es Absprachen – unter anderem mit der Sprachwissenschaft von Herrn Prof. Gippert –, dass Titel nicht doppelt angeschafft wurden um Mittel zu sparen (Undank ist der Welten Lohn!). Das heißt Sprachwissenschaftler kamen zu uns in die Bibliothek und wir gingen in die Georg-Voigt-Str.
· Die Orientbibliothek war ein gewichtiger Grund, warum die zwei Stiftungsprofessuren für Islamische Religion nach Frankfurt kamen und wird vielleicht das Zünglein an der Waage für das Exzellenz-Cluster im Bereich Wissenschaftsgeschichte mit dem Schwerpunkt „Vorderer Orient“ sein.
· Überhaupt ist der Bestand der Orientbibliothek relevant für alle Sprach-, Kultur-, Geschichts- und Religionswissenschaftlichen Disziplinen. Folgerichtig haben sich in der Senatssitzung vom 24.10.2007 unter anderem die Dekane der Fachbereiche 06/07 (Theologie), 08 (Philosophie/Geschichtswissenschaften), 09 (Sprach- und Kulturwissenschaften) für den Verbleib der Orientbibliothek eingesetzt.
III. Zur Senatssitzung vom 24.10.2007:
Vollkommen an der Sache vorbei sind die Aussagen von Herrn Vizepräsident Ebsen:
1. Der Transfer betreffe bloß „unwichtige Bestände“!
·
Die im Schreiben von Herrn Ebsen (15.10.07) geforderten Bücher für den Abzug im November 2007 betreffen die Signaturen K, S, R, La-Ls: 2/3 der Bibliothek!!!
· Die Signatur R ist das Rückgrat unserer Bibliothek: R steht in der Bibliothekssystematik für „Arabische Texte“ – absurd, oder? Eine Orientalistik ohne orientalische Literatur!
· Zu den Unterpunkten der R-Signatur gehören unter anderem Koran, Recht, Hadith-Literatur (Aussprüche des Propheten), Dogmatik, Philosophie, Poesie, Geschichte, Geographie, Mathematik etc.
· Die Signaturen Ra1-Rz9 umfassen allein ca. 15 000 von ca. 40 000 Bänden.
· Für Herrn Prof. Daiber und seine Mitarbeiter käme ein Abzug der Bibliothek einem Berufsverbot gleich! – einem Studierverbot für uns Studenten!
2. Einschränkungen in Forschung und Lehre im Bereich der Iranistik (Signatur S) seien zu verkraften!
·
Konkrete Zahlen kennt Herr Ebsen allem Anschein nach nicht: In der Orientalistik finden die Persischsprachkurse I-III statt, wobei der dritte Kurs ein Lektürekurs ist.
· Weiterhin ist Herrn Ebsen nicht klar, wie weit reichend iranistische Quellen für die islamische Verkündigung sind, da sich die islamische Eschatologie (sowie die jüdisch-christliche!) aus iranischen Quellen speist. Und es lässt sich nicht konstatieren, dass islamische Eschatologie eine Randerscheinung des muslimischen Kerygmas (respektive Verkündigung!) sei!
· Außerdem sind die ältesten grammatischen und philologischen Zeugnisse des Arabischen von persischen Gelehrten verfasst worden und der persische Sprach- und Kulturraum für die orientalistische Forschung von großem Belang.
· Überhaupt ist es für die Mitarbeiter von Herrn Prof. Gippert unabdingbar für ihre Forschung auf unsere iranistische Bestände zurückgreifen zu können!
3. Weiter bräuchten Studenten im Hauptstudium weniger Bücher, weshalb es zumutbar sei, dass sich Studenten einzelne Bücher aus Marburg besorgten.
·
Ohne Kommentar!
4. Marburg würde dem Orientalischen Seminar umfangreiche Semesterapparate zur Verfügung stellen!
·
Unsere Bücher sind noch nicht digital erfasst. Wenn weite Bestände jetzt abgezogen würden, sehe ich keine Möglichkeit, dass im Jahre 2008 weder Semesterapparate mit Literatur bestückt noch Studenten mit Literatur versorgt werden können: über 20 000 Karteikarten zu digitalisieren ist eine Aufgabe die eine außerordentliche Arbeitskraft voraussetzt und dennoch Monate und Jahre dauern kann.
5. Marburg würde, wie alle anderen Zentren in Hessen, 2009/2010 evaluiert werden!
·
Wie im vorangehenden Punkt betrifft diese Aussage die Organisation eines Bibliotheksumzuges. Denn selbst wenn Marburg die Bücher bekäme, wären diese meines Erachtens noch nicht für die Studenten in Gänze 2009/2010 verfügbar. Das Orientzentrum könnte sich rühmen eine hervorragende Bibliothek zerstört zu haben mit dem Ausblick in den kommenden Jahren ihren Studenten eine große Zahl Bücher zur Verfügen stellen zu können – aber nicht bis 2009/2010!

orient invictus


orient invictus – der unbesiegbare Orient
Einen kleinen Sieg haben wir bereits errungen: eine Kommission wird sich erneut mit der geplanten Verlagerung der Orientbibliothek befassen. Geht es nach dem Willen der Dekane der verschiedenen Fachbereiche (06 – evangelische Theologie, 07 – katholische Theologie, 08 – Philosophie und Geschichte, 09 – Sprach- und Kulturwissenschaften etc.) wird nicht nur der Zeitpunkt der Verlagerung neu verhandelt, sondern der Verbleib der Orientbibliothek in Frankfurt überhaupt.
Der Senat signalisierte bereits seine Gesprächsbereitschaft, offensichtlich hatte man zuvor nicht die Komplexität des Themas überblickt – dass das Orientalische Seminar und die diversen Bibliotheken des Fachbereichs 09 sich etwa bei Neuanschaffungen abgesprochen haben. Ein Abzug der Orientbibliothek würde große Lücken reißen, die etwa die iranistische Forschung der Sprachwissenschaftler um Professor Gippert in Mitleidenschaft zieht.

Plünderung der Orient-Bibliothek an der Frankfurter Goethe-Uni

Studieren ohne Bücher – kein Witz, sondern Frankfurter Realität! Geht es nach dem Präsidium der Frankfurter Johann Wolfgang Goethe-Universität, dann können Studierende der Orientalistik schon ab November 2007 nicht mehr auf Korankommentare und Prophetentraditionen zugreifen – das ist, als würde man den Juristen Gesetzesbücher und die entsprechenden Interpretationen nehmen! Dies kommt einer regelrechten Plünderung gleich. Hintergrund: Im Zuge der Fächerkonzentration an hessischen Hochschulen soll der maßgebliche Bestand der Bibliothek am Frankfurter Orientalischen Seminar mit den orientalischen Bibliotheken aus Gießen und Marburg an der Marburger Philipps-Universität zusammengelegt werden.
Das Unfassbare daran: Dafür zahlen die Studierenden auch noch die zum Wintersemester eingeführten Studiengebühren! Welche Logik steckt dahinter: Studiengebühren einführen – Bibliothek leer räumen? Wie sollen Studenten unter diesen Umständen zu einem erfolgreichen Studium motiviert werden?! Und das im Jahr 2007, dem Jahr der Geisteswissenschaften!
Schon bei der Entscheidung zur Fächerkonzentration vor nunmehr drei Jahren schien es sich um eine Pokerrunde der Präsidenten der Unis von Gießen, Marburg und Frankfurt zu handeln – den damaligen Wissenschaftsminister Udo Cortz nicht zu vergessen. Persönliche Affinitäten und unwissenschaftliche Überlegungen gaben offensichtlich Ausschlag, welches Zentrum wo eingerichtet wird. Ergebnis: die Asienwissenschaften, allen voran die Sinologie („China kommt!“), konzentrieren sich in Frankfurt, die Slawistik unter absolut irrationalen Umständen in Gießen und die Orientalistik schließlich in Marburg – der dortige Uni-Präsident soll ein Fan der Golfstaaten sein.
Dass man die Mitarbeiter der einzelnen Lehrstühle in diesen Prozess miteinbezieht – Fehlanzeige. Dass es sich etwa bei dem Lehrstuhl am Orientalischen Seminar um eine jüdische Stiftung aus den Anfängen der Frankfurter Uni handelt – wird ignoriert. Dass Professoren bereits Erfahrungen mit ganz ähnlichen Prozessen an in- und ausländischen Hochschulen haben – wird nicht beachtet.
Was die Orientalistik angeht, so wurde immerhin erreicht, dass dem Antrag Professor Daibers stattgegeben wurde, seine für September 2007 geplante Pensionierung um zwei Jahre aufzuschieben. So ist es den Studenten wenigstens möglich, ihren Studienabschluss in der Regelstudienzeit zu erreichen. Doch wie soll das künftig vonstatten gehen? Ein Studium ohne Bücher? Wie soll ein Seminar über Hadith (Überlieferungen des Propheten Mohammed) gestaltet werden, wenn die Studenten keinen Zugriff auf Hadithsammlungen haben?
Bereits im Sommersemester 2007 erfolgte eine Begehung der Bibliothek des Orientalischen Seminars. Die Schließung des Seminars war schon beschlossene Sache, und die Geier kreisten über der bewusstlosen Patientin. Verschiedene Institutionen bekundeten ihr Interesse an den Beständen der Bibliothek. Neben den Marburger Orientalisten haben auch Frankfurter Uni-Institutionen Bedarf an den Büchern: die Theologien (evangelische und katholische) mit ihren verschiedenen Unterdisziplinen wie Religionswissenschaft, Islamische Religion, Religionsphilosophie, der Islamischen Stiftungsprofessur und der Martin-Buber-Professur. Der Transfer der Orientalischen Bibliothek an die Frankfurter Theologie würde es den Orientalistik-Studenten immerhin ermöglichen, die Bestände weiterhin zu nutzen. Wenigstens bis zur unaufhaltsamen Schließung des Frankfurter Seminars 2010. Und schließlich stehen ja auch die Marburger nicht ohne da – sie haben doch die Bücher ihres eigenen und des Gießener Instituts!