Georg Leppert heute in der FR über die Goethe-Uni:
Universität nach der Wahl
Auf der Reise
Vermutlich hat Rudolf Steinberg am Abend der Landtagswahl über die Zukunft der Goethe-Universität nachgedacht. Das tut er häufig, immerhin ist er Präsident der größten hessischen Hochschule. Doch am Wahlabend hatte der Jurist besondere Gründe, über die Entwicklung der Uni zu sinnieren. Denn als alle Stimmen ausgezählt waren, zeigten die Grafiken der Fernsehsender eine linke Mehrheit an, die man auch als Mehrheit gegen die Frankfurter Stiftungsuniversität interpretieren könnte. SPD und Grüne hatten in der Abstimmung im Landtag vor einigen Monaten gegen das Modell einer weitgehend autonomen Frankfurter Hochschule votiert (obgleich sie im Prinzip dafür waren, sich aber an Einzelheiten des Gesetzes störten), und die Linkspartei ist ohnehin gegen jede Form von Entstaatlichung. Ist die neue Freiheit an der Uni also alsbald wieder Geschichte?
Unsinn, meint Steinberg zu derartigen Spekulationen. Die Regierungsbildung verfolge er "ganz entspannt", sagt der Uni-Präsident, der sich am Dienstagabend von FAZ-Herausgeber Werner D'Inka im Frankfurter Presse-Club interviewen lässt. "Keine Regierung kann auf Exzellenz verzichten", sagt Steinberg. Und mit Exzellenz kennt sich der Jurist ohne Frage aus. Kaum eine Rede, in der er nicht betont, dass die Goethe-Universität den "Wettbewerb um die besten Köpfe" gewinnen will. Langfristig könne sich die Uni gar unter den 50 besten Hochschulen der Welt etablieren, hatte Steinberg im vergangenen Jahr einmal gesagt und damit mächtig für Aufsehen gesorgt. Ob diese Ankündigung nicht etwas vermessen und die Gesellschaft überhaupt schon bereit sei für weitgehend autonome Hochschulen, wollen Besucher im Presse-Club wissen. Da bemüht Steinberg ein chinesisches Sprichwort: "Auch eine Reise von 1000 Meilen beginnt mit einem ersten Schritt." Was Steinberg im Gespräch mit D'Inka und den Besuchern sagt, ist interessant: Dass die Universität eine Art wissenschaftlichen Tarifvertrag abschließen und ein Job-Ticket anbieten will, dass er sich einen Ausbau der Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Darmstadt wünscht, dass er eine Kooperation mit der University of Malaysia anstrebt und die Regelungen über Studiengebühren sozialverträglicher werden sollten.
Orientalistik wird aufgegeben
Spannend ist auch, was Steinberg nicht sagt. Einen Besucher, der behauptet, die Uni gebe ihre Ostasienwissenschaften auf, weist er zurecht: Gerade diese Fächer würden an der Goethe-Uni ausgebaut, das sei mit dem Wissenschaftsministerium so vereinbart worden. Was Steinberg nicht erwähnt: Die gleiche Vereinbarung regelt, dass die Goethe-Universität unter anderem ihre Orientalistik aufgibt. Am Dienstagvormittag, wenige Stunden vor Steinbergs Auftritt im Presse-Club, wurden die Bücher aus der Bibliothek abgeholt und an die Marburger Uni verfrachtet. Die Studierenden, die bis zur endgültigen Aufgabe der Orientalistik in zwei Jahren noch an der Frankfurter Uni eingeschrieben sind, verweist das Wissenschaftsministerium auf die Möglichkeit der Fernleihe.
Georg Leppert
Lepperts Kommentar zu der ganzen Chose:
Kommentar
Neue Fragen
Vermutlich hat sich jeder, dem die Zukunft der Goethe-Uni wichtig ist, am Wahlabend diese Fragen gestellt: Wird nun alles wieder anders? Ist das Streben nach Elite vorbei? Verliert die Uni ihre Freiheiten? Ihre Berechtigung hatten diese Überlegungen durchaus, denn die Reformprojekte von Uni-Präsident Rudolf Steinberg wären ohne eine satte CDU-Mehrheit im Landtag in dieser Form nicht umsetzbar gewesen.Dennoch wird die Frankfurter Hochschule eine Stiftungsuniversität bleiben und von Wiesbaden ein Höchstmaß an Förderung erhalten. Mit Recht weist Steinberg darauf hin, dass jede Landesregierung auf eine starke Goethe-Uni angewiesen ist. Auch die SPD könnte es sich als Regierungspartei nicht erlauben, die größte hessische Uni im Mittelfeld der Rankings herumdümpeln zu lassen.
Trotzdem wird ein Wissenschaftsminister, der nicht der CDU angehört, so manches an der Goethe-Uni hinterfragen. Etwa die bisweilen allzu kompromisslose Art ihres Präsidenten. SPD und Grüne haben Steinberg deutlich zu verstehen gegeben, was sie von Plänen wie der Ausgrenzung der Bewerber mit Fachhochschulreife halten. Mit derartiger Kritik dürfte sich Steinberg demnächst noch öfter beschäftigen müssen.
Georg Leppert
Donnerstag, 21. Februar 2008
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